Nhut La Hong – Modeschöpfer und Hundefreund

Von Volker Grohskopf

Erfolgreich, optimistisch und sehr humorvoll – so ist er, so lebt er, so begegnet er seinen Kunden. Und so veredelt er auch seine Modelle. Die Rede ist von dem international gefeierten ­Modeschöpfer Nhut la Hong: „Es gibt gewisse Perlen, die nur ich setzen kann, das ist wie ein Bild, wie ein Kunstwerk." So ­individuell wie sein Leben. Der ständige Begleiter an seiner Seite heißt Nes und ist ein besonders quirliger Rehpinscher.

Der österreichische Stardesigner vietnamesischer Herkunft hat es innerhalb nur weniger Jahre geschafft eine Marke zu etablieren, die zum integralen Bestandteil der internationalen Haute Couture-Szene geworden ist. Klassische Schnitte, verbunden mit exotischen Elementen, sind charakteristisch für den Designer, der – wiewohl seiner österreichischen Wahlheimat stark verbunden – in Leben, Denken und Handeln stets ­seinen asiatischen Wurzeln treu geblieben ist. Dazu zählen auch ein tiefer Respekt gegenüber Mensch und Tier und das unermüdliche Streben nach Erfolg und Harmonie; nicht umsonst wurde er vom Wiener Roten Kreuz zum „Botschafter der Menschlichkeit" ernannt. Mittlerweile steht die gesamte prominente Damenwelt Schlange, um an eine seiner begehrten Kreationen zu gelangen. Dennoch fand der nur knapp 1,50 m große Exklusivschneider Zeit, mir im WUFF-Interview zu erzählen, wie aus dem kleinen „Nhut", was auf Vietnamesisch so viel wie „Rosa Tag" bedeutet, „DER" La Hong wurde. Gleichzeitig konnte ich dabei auch die Seele des kleinen Nes, seines Hundes, erforschen.

„Es war einmal …"
… wäre eigentlich ein stimmiger Beginn für die Lebensgeschichte des Modeschöpfers aus Vietnam, liest sie sich doch fast wie ein Märchen. Als er vierzehn war, flüchtete seine Familie nach Österreich. Nach Vorarlberg, um genau zu sein. Von dort sollte ihn ein bewegtes Leben von Null weg bis in den Modeolymp führen. Während zahlreiche Konzerne bei der Produktion ihrer Kleidung unmenschliche Arbeitsbedingungen der Angestellten ihrer Lieferanten in Kauf nehmen, beweist er eindrucksvoll, wie man mit Fleiß und solider Ausbildung nicht nur bestehen, sondern ganz groß werden kann.

Der sehr sympathische Eroberer des Modehimmels sieht sich selbst nicht als Designer, sondern viel mehr als Geschichtenerzähler reinster Gefühle – ist doch auch die Mode etwas Schnelllebiges und steht damit seinem Grundsatz der Ewigkeit entgegen. So basieren seine Modelle auf universalen Emotionen wie Freude, Harmonie und Liebe. Vielleicht liegt es an dem Herkunftsland von La Hong, so an Mode heranzugehen – sich auf einer eher abstrakten Ebene dem Begriff der Mode zu nähern. Der in Saigon geborene Kleidermacher lebt nun seit den frühen 1980er ­Jahren in Österreich und hat damit das Zusammenspiel und die Spannung der unterschiedlichen Gedanken- und Vorstellungswelten für die Heimat seiner Kreativität ausgesucht. „Meine Mode ist eine Symbiose aus der vietnamesischen Tracht und der Kleidung der westeuropäischen Frau. Hier treffen sich in einem Stück moderne Welt und alte Tradition. Das bedeutet, dass in meinen Kreationen immer wieder meine Kultur mit einfließt. Doch übernehme ich sie nicht einfach, sondern verschmelze sie mit der europäischen Kultur und mit meinem persönlichen Empfinden, wodurch wieder etwas ganz Neues entsteht."

Phönix aus der Asche
„Erstens macht man seine Arbeit gut, zweitens macht man sie für sich selbst. Und drittens tut man etwas für seine Mitmenschen, erst dann ist der Mensch vollkommen." ­Worte eines Mannes, der es versteht, selbst aus den Niederlagen, die das Leben bereithält, maßgefertigte Siege zu schneidern. So ließ er sich nicht erschüttern, als sich 2011, nur einen Tag vor Weihnachten, der Adventkranz entzündete und der Großteil seines Ateliers und seiner Kollektion in Schutt und Asche gelegt wurde. „Ich konnte nur noch die Feuerwehr rufen – doch jede Hilfe kam zu spät. All die Arbeit, mit der ich mein Leben verbracht habe, war zerstört. Aber man soll das Wasser nicht tadeln, wenn man ins Wasser fällt", zitiert er dazu augenzwinkernd ein asiatisches Sprichwort. Und so „schwamm" der Haute Couture- Designer nach dem Schock zu neuen Ufern und ­eröffnete ein Jahr später im noblen Wiener Einkaufstempel, dem STILWERK, ­zwischen exklusiven Wohnstudios, auf 350 Quadratmetern seinen neuen Flagshipstore inklusive Showroom und angrenzendem Atelier.

Doch die Nobelboutique ist nicht das einzig Neue, mit der der Austro-Couturier aufwartete. Er präsentierte bald seine erste Prêt-à-Porter-Kollektion mit dem passenden Namen ­„Phönix aus der Asche". „Normalerweise entwerfe ich Abend- und Hochzeits­kleider. Das liebe ich", schwärmt La Hong. Doch nun wird seine Mode, wie er es selbst beschreibt, alltagstauglich. „Es ist ready to wear. Man muss nicht so lange warten wie bei Haute Couture", erklärt mir Nhut, ­während sich im fortlaufenden Interview immer mehr sein lebhaftes Hündchen in den ­Mittelpunkt setzt und La Hong lachend und liebevoll seinen wachsamen Nes von der Ungefährlichkeit unseres Gesprächs zu überzeugen versucht.

Und tatsächlich: Die Stücke, die ­aktuell in seinem Flagshipstore zu sehen sind und zwischen denen Nes fröhlich wie ein Rehböckchen herum­springt, eignen sich offensichtlich als Bürooutfit genauso wie für einen Opernbesuch. Der Fashion-Künstler bezeichnet sie selbst als „sexy, ­elegant". Eine bislang noch kleine Ecke ist der Herrenmode gewidmet, doch diese soll sich auch in absehbarer Zeit erheblich erweitern.

Der Weg zum Erfolg
Bisher war Haute Couture das Steckenpferd des Modemachers. Seine prinzessinnenhaften Kleider mit klassischen Schnitten, asiatischen Elementen und oft mit langen Schleppen finden bei den Damen der Gesellschaft großen Anklang. Der besondere Pluspunkt von La Hongs Stücken: Viele sind wend- und damit wandelbar. Auch persönlich hat es Nhut gerne elegant: „Es macht mir selbst viel Spaß, tolle Mode am Körper zu tragen. Man kann dadurch wunderbar seine persönliche Stimmung ausdrücken." Der Modeschöpfer zählt mittlerweile zu den erfolgreichsten Designern, die die Modewelt zu bieten hat. Doch der Weg dorthin war steinig. Denn eigentlich hätte das fünfte von insgesamt acht Kindern Arzt werden sollen – wäre es nach seinem Vater gegangen. Aber der Junge hatte andere Interessen: Nähen und Zeichnen. Von seiner Mutter, einer gelernten Schneiderin, ließ sich Nhut das Handwerk beibringen. 1981 flüchtete er, wie schon erwähnt, mit seiner Familie von Vietnam nach Österreich. Der damals 14-jährige La Hong, der zu dem Zeitpunkt kein einziges Wort Deutsch konnte, musste zuerst einmal in der Volksschule die Schulbank drücken. Dann kam die ­Hauptschule, womit La Hongs ursprünglicher Wunsch zu studieren scheiterte. Nach der Hauptschule machte er eine Lehre als Technischer Zeichner. Doch das war nicht so sein Ding.

Ein entscheidender Punkt für seine berufliche Zukunft als Modeschöpfer war die Bekanntschaft mit Textil­designern, die La Hong Einblicke in das Metier eröffneten und ihm zeigten, wie man Stoffmuster entwirft. Schon damals war das künstlerische Talent des späteren Star-Designers unverkennbar. Und so stellte sich La Hong der Aufnahmeprüfung einer renommierten Textilschule in Wien und bestand. Die Ausbildung dauerte fünf Jahre.

Botschafter der Menschlichkeit
Es folgten harte, fleißige Jahre, in denen La Hong für mehrere Wiener Boutiquen als Änderungsschneider tätig war. „Dabei sammelte ich viele Erfahrungen. Nebenbei ging ich in die Abendschule und legte schließlich die Meisterprüfung für Damenkleider­macher ab," erinnert sich La Hong stolz. Ab sofort stand einer eigenen Geschäftseröffnung nichts mehr im Wege. Mit seinen eleganten Kreationen erregte La Hong schon bald große Aufmerksamkeit. Innerhalb ­kürzester Zeit räumte er den Coral Fashion Award ab, wurde mit dem begehrten Pierre Lang Fashion Award geehrt, erhielt den Renault Haute Couture Publikumspreis und wurde mit dem Wien Couture Preis ausgezeichnet. „Erfolg ist für mich ein Glücksgefühl, das ich durch zielstrebige Arbeit und persönlichen Einsatz erreichen kann. Wichtig ist dabei, dass man sich nie zurücklehnt und sich auf seinem Erfolg ausruht, da er dann sehr schnell wieder verschwindet. Erfolg muss am Leben erhalten werden und im ­besten Fall größer werden", lächelt „Der ­Große" La Hong verschmitzt.

Auch an Aufträgen mangelte es nicht. Der Ausnahmekünstler entwarf die Uniformen für die Belegschaft der Wiener Stadthalle und die Besatzung von Avon Jet. Auch die Kleidung des österreichischen Sportlerteams für die Olympischen und Paralympischen Spiele in Peking 2008 stammten aus der Hand des vom Erfolg gekrönten Modemachers. Für kurze Zeit war La Hongs Mode auch im Rahmen einer Kooperation mit dem Diskonter Hofer zum Schnäppchenpreis zu ergattern. Darüber hinaus legte und legt sich der Designer auch immer wieder für den guten Zweck ins Zeug. Er entwarf T-Shirts für eine Caritas-Aktion für notleidende Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika. „Das sind für mich die erfüllendsten Momente in meinem Leben, Momente, in denen ich selbst Hilfe gegeben oder auch empfangen habe. Sich gegenseitig zu unterstützen – jeden Tag aufs Neue, solange wir leben – das ist für mich der Sinn des Lebens, das ist die schönste Form der Liebe", philosophiert er begeistert.

Auch im Kampf gegen Aids und Krebs ist La Hong engagiert. Und da er sich zusätzlich in der Vergangenheit mit den Werten und Projekten des Wiener Roten Kreuzes immer mehr identifizierte, unterstützte er auch heuer wieder tatkräftig den traditionellen Rotkreuzball im Wiener Rathaus, kreierte für diesen Anlass exklusive Abendroben für die „Reichen und Schönen" und faltete für das diesjährige Motto „Wien trifft Japan" eigenhändig über tausend Origamifiguren. Für sein unermüdliches Engagement wurde ihm der Ehrentitel „Botschafter der Menschlichkeit" verliehen.

„Alles, was ich bisher erreichen konnte, führe ich auf meine konsequente und ausdauernde Arbeit zurück. Erfolg beginnt im Kopf. Man entwirft etwas, und je mehr Training oder Übung und Erfahrung man hat, desto leichter fallen einem die Dinge. Mich trug stets eine Vision, die ich verwirklichen wollte", erklärt mir der tierliebende Modezar, während er einmal mehr vergeblich ersucht seinen vierbeinigen Liebling Nes daran zu hindern, ausgerechnet die kostbarsten Stoffe im Atelier anzuknabbern.

What else – Nes darf alles …
… und Nes scheint das auch zu wissen. Denn unbeeindruckt, temperamentvoll und quirlig, springt er während unseres Interviews ohne Rücksicht auf Verluste durch den glanzvollen Flagship-Store, begrüßt nebenbei stürmisch, aber freundlich, die eleganten und modeinteressierten Damen der Gesellschaft und freut sich über jede einzelne Zuneigung. Doch am ­liebsten mag der fünfjährige Reh­pinscher sein Herrchen: „Ja, Nes liebt mich über alles," lacht Nhut, „und er hält es gar nicht aus, wenn er mal nicht im ­Mittelpunkt steht. Daher darf er mich auch immer und überallhin begleiten. Sogar bei meinen Fashion­shows darf er nach Lust und Laune im Schein­werferlicht über den Laufsteg sprinten und erhält vom Publikum dabei regelmäßig einen nicht enden wollenden Applaus."

Nes, dessen Name sich schlichtweg von Nespresso ableitet, genießt es sichtlich, sein prominentes Herrchen auf Schritt und Tritt begleiten zu ­dürfen. Allerdings hat er das Leben nicht nur von der Sonnenseite kennengelernt: „Nes war als ganz junger Hund leider sehr viel alleine. Er gehörte einem Modell, die einfach überhaupt keine Zeit für ihn hatte und ihn leider auch sehr vernachlässigt hat. Nes hat darunter natürlich fürchterlich gelitten. Als ich von seinem traurigen Schicksal erfuhr, habe ich mich kurzer Hand entschlossen, ihn aus seiner Einsamkeit zu befreien und bei mir aufzunehmen. Er war damals gerade mal 10 Monate alt."

Nes ist der fünfte Hund im Leben des prominenten Hundeliebhabers: „Ja, ich habe schon mein ganzes Leben lang ein Herz für Tiere. Vor allem für Tiere, die in Not gerieten. Und Hunde liebe ich ganz besonders. In Vietnam bin ich mit einem kleinen Mischlingshund aufgewachsen. Später habe ich dann dort einen braungefleckten Dalmatiner aus erbärmlichen Verhältnissen gerettet. Hunde sind aus meinem Leben einfach nicht wegzudenken. Und in Vorarlberg hatten wir auch gleich einen Hund, es war ein wunder­schöner Australian Shepherd. Ihn haben wir damals aus dem Tierheim geholt. Und als ich nach Wien kam, habe ich im Park einen ausgesetzten ganz jungen Dackelmischling gefunden. Er war einfach an einem Abfalleimer angebunden. Schrecklich, wozu Menschen in der Lage sind. Natürlich dachte ich damals nicht lange nach und habe mich in der Sekunde entschlossen, den winselnden Welpen bei mir aufzunehmen. Aber keiner meiner Hunde war so entzückend wie dieser kleine Frechdachs Nes", erinnert sich der Hundefreund lachend, knuddelt innig seinen vierbeinigen Liebling und setzt etwas nachdenklich fort: ­„Schockiert war ich damals allerdings schon, als ich Nes zum ersten Mal sah – hierzulande ist es ja Gott sei Dank verboten, Hunde zu kupieren. Nur leider gibt es trotz des Kupierverbotes offenbar immer noch Hunde, wie man an meinem Nes auch sieht, die kupiert wurden. Da hört man dann auch die abenteuerlichsten Geschichten: Züchter, die in Grenznähe wohnen, fahren den Wurf einfach über die Grenze, lassen dort kupieren und karren den Wurf dann wieder zurück usw. Ich finde das alles einfach entsetzlich und bin auch der Meinung, dass so etwas auch bestraft werden sollte."

Abschließend betont der vorbildliche Tierfreund: „Generell ist in meinem Leben übrigens Tierschutz ein wich­tiges Thema. Man würde ihn allerdings nicht brauchen, wenn alle Menschen verantwortungsvoll und vernünftig mit den Tieren umgehen würden."

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