Longieren: Nicht immer nur eine Kreisbewegung

Von Steffi Rumpf

Longieren ist definitiv in der Hunde(sport)welt angekommen. Vor ein paar Jahren noch haben sehr viele Hundemenschen verständnislos den Kopf geschüttelt, wenn man erzählt hat, dass man mit seinem Hund Longieren betreibt. Dass es dabei um mehr als darum geht, dass der Hund einfach nur im Kreis läuft, erklärt der folgende Artikel.

Auch wenn man manchmal sehen kann, wie Hunde auf Distanz im Kreis um ein paar gelbe Rohre rennen, so handelt es sich dabei nicht wirklich um Longieren. Denn Longieren betrifft sowohl den Halter wie seinen Hund, sollte also Teamwork sein. Gangartenwechsel (Schritt, Trab, Galopp) sollten ebenso abrufbar sein wie das Bewältigen verschiedener, am Kreis stehender Hindernisse, das Abrufen von Positionen oder das Bewältigen verschiedener Ablenkungen am Kreis.

Für mich sollte ein Longierkreis zudem so gestaltet sein, dass man den Innenraum des Kreises ebenfalls mit nutzen kann. Sei es, um Achterschlingen und Richtungswechsel durch den Kreis zu führen oder einen Slalom um Pylonen, die sehr gut als Markierungen eingesetzt werden können. Generell kann ein fortgeschrittener Hund aber auch um jegliche andere Objekte herum longiert werden, wie z.B. Stühle, Menschen, Spielzeug, aber auch Futter.

Wenn man nun aber, wie ich, ursprünglich aus dem Pferdebereich kommt, wo das Longieren ja auch seinen Ursprung hat, dann möchte man vielleicht – gerade mit fortgeschrittenen Teams – am Kreis noch mehr Fokus auf die Bewegung und die möglichst gesunde und effektive Kraftübertragung des Hundekörpers an sich legen.

Hund im Galopp

Gerade in der Gangart »Galopp«, die ja viele Hunde sehr gerne am Kreis wählen, wenn man sie frei entscheiden lässt, kann man Einiges sehr gut veranschaulichen:

Grundsätzlich unterscheidet man im Galopp den sogenannten »Rechtsgalopp«, den »Linksgalopp« und den »Kreuzgalopp«. Diese wiederum unterscheiden sich durch die Fußfolge des Hundes beim Abfußen und Aufkommen der Gliedmaßen am Boden. Hierzu finden sich im Internet diverse Ansichten von Abläufen, meistens aber eher mit Pferden.

Ist der Kreis, den wir dem Hund durch unsere Markierungen vorgeben, zu klein, wird ein Hund, der zunächst vor einem gezielten Training noch keine bewusste Vorstellung von seiner Motorik in den Gangarten hat, mit großer Wahrscheinlichkeit versuchen, die entstehende Fliehkraft, die durch das Kreislaufen auf ihn einwirkt, durch das Herausstellen des äußeren Hinterbeins in der Wendung abzufangen.
Dadurch fußt jedoch das innere Hinterbein nicht optimal unter die Körpermitte des Hundes und nimmt dementsprechend auch nicht die Hauptlast des Körpergewichts auf, wie das aber grundsätzlich für die Gymnastizierung und das optimale Winkeln der Gelenke in den Beinen (hier besonders den Hinterbeinen) wünschenswert wäre.

Anders als beim Pferd, das in den meisten Fällen am Kopf mittels eines Halfters und der Longe mit dem Longenführer verbunden ist, haben wir beim Hund, auch wenn wir eine Leine verwenden (da diese ja am Hals durch ein Halsband oder über ein Geschirr am Rippenbogen/Rücken zum Hund verläuft), nicht die Möglichkeit, eine Biegung des Körpers durch Stellung des Kopfes mit anzuregen und das Tempo etwas abzufangen.

Sinnvoll wäre es, wenn der Hund lernt (am besten über Markertraining auf einer nicht zu engen Bahn), beim Longieren im Uhrzeigersinn den Rechtsgalopp zu nutzen und gegen den Uhrzeigersinn den Linksgalopp. Der Kreuzgalopp sollte möglichst nicht forciert, sondern immer korrigiert werden (indem man den Hund dann zurück in den Trab abbremsen lässt).

Hierzu achtet man selbst als Hundeführer darauf, welches Vorderbein dasjenige ist, welches weiter vor greift. Dieses gibt dem jeweiligen Galopp seinen Namen: im Linksgalopp ist es das linke Vorderbein, im Rechtsgalopp das rechte Vorderbein. Wenn das Vorderbein in der sogenannten Dreibeinstütze vor schwingt und noch in der Luft ist, sollte zudem die innere Gliedmaße nach vorne unter dem Bauch Bodenkontakt haben und den Hund in der Folge »anschieben«. Tritt stattdessen das äußere Hinterbein in dieser Phase mehr unter die Körpermitte, ist es ein sogenannter Kreuzgalopp ( über Kreuz vorne und hinten).

Um den richtigen Ablauf zu üben, lässt man den Hund keinesfalls lang galoppieren, sondern übt immer wieder das Angaloppieren und belohnt sofort und nur, wenn der Hund mit der gewünschten Seite anspringt. Dazwischen lässt man den Hund traben und versucht es dann erneut.

Hat der Hund verstanden, was belohnt wird und was nicht (kein Außen- oder Kreuzgalopp), kann man beginnen, ihn auch längere Sequenzen im richtigen Galopp weiter laufen zu lassen und auch den Kreis gezielt etwas zu verkleinern, um zu erreichen, dass der Hund im Galopp etwas langsamer werden muss, den Brustkorb mehr anhebt und die Hinterhand vermehrt unter den Bauch treten lässt, wodurch diese den Körper mehr »trägt« als die Vorderbeine. Wechselt der Hund an einem Punkt in den Außen- oder Kreuzgalopp, unbedingt ruhig abbremsen und ein Stück traben oder Schritt gehen lassen und es dann erneut probieren. Keinesfalls sollte der Hund länger im »falschen« Galopp verbleiben.

Hund im Trab

Auch im Trab bleiben viele Hunde zunächst in sich selbst gerade, obwohl sie an einem Kreis laufen, wobei sich hier nicht die Fußfolge beim Richtungswechsel (wie im Galopp) ändert, aber auch hier keine echte Biegung entsteht, da auch hier die Hinterhand vermehrt nach außen driftet.

Biegung würde bedeuten, dass der dem Hundeführer zugewandte Rippenbogen des Hundes auf der Kreisbahn »hohl« wird und der dem Hundeführer abgewandte Rippenbogen sich aufwölbt/dehnt. Dies funktioniert nicht, wenn der Kreis zu eng oder das Tempo zu hoch ist. Diesem Problem kann man zum Beispiel dadurch entgegenwirken, dass man zu Beginn der Biegungsarbeit wieder damit beginnt, eine Begrenzung – in diesem Fall eine äußere Begrenzung (z.B. mittels Flatterband) – um die eigentliche Kreisbahn herum zu nutzen. Der innere Kreis besteht weiterhin aus Hütchen/Pylonen, das zu deutliche Ausbrechen der Hinterhand bei geradem Rücken wird durch die optische und räumliche äußere Begrenzung gemindert. Der Hund beginnt im Idealfall, den Körper der Kreisbahn entsprechend leicht zu biegen.

Der Nachteil dieser Arbeit am reinen Kreis besteht aber darin, dass der Aufbau einer Biegung für den Hund zunächst relativ anstrengend ist und sich die Muskulatur nicht zwischendurch entspannen kann, da der Kreis eine dauerhafte Biegung vorgibt. Manche Hundeführer haben zudem mit Schwindel zu tun, wenn sie sich zu stark auf die Fußfolge oder generell auf den Hund auf einer dauerhaften Kreisbahn konzentrieren sollen.

Kreisrunde und ovale Bahn

Aus diesem Grund, und um einen Wechsel zwischen Biegung und Streckung für den Hund zu erreichen, bin ich bei fortgeschrittenen Teams dazu über gegangen, ein deutlich erkennbares Oval mit zwei längeren Geraden und zwei abgerundeten Seiten zusätzlich zum Kreis zu etablieren. Die Hunde werden dadurch aufmerksamer und konzentrieren sich besser, da es ihnen leichter fällt, ihren Körper zu biegen, wenn zwischendurch eine entlastende Gerade folgt. Zudem haben wir dadurch viele zusätzliche Trainingsmöglichkeiten, wie Tempowechsel innerhalb der Gangarten (vorwärts an den Geraden, gesetzter in den Biegungen), klar erkennbare Gangarten-Wechsel-Punkte für den Hundeführer (eine lange Seite Trab, eine kurze gebogene Seite Schritt, eine lange Seite Galopp). Nutzt man zudem die Richtungswechsel nach außen (»weg«), erreicht man eine deutlich vielseitigere und auch schonendere Bewegung als am reinen Kreis.

Für den Aufbau der Geraden am Oval kann man einfach zwei Vierkanthölzer (ca. 3-4 Meter Länge) nutzen oder auch beispielsweise eine Pferde-Sprungstange für die langen Seiten. Natürlich kann man dasselbe auch mittels Pylonen, die man eben in einer Reihe aufstellt, erreichen. Für den Hund ist aber der Unterschied zum Kreis anfangs mit Stangen/Vierkanthölzern noch klarer erkennbar. Für die Markierungen der kurzen Seiten des Ovals reicht in der Regel eine Pylone oder Markierung, da der Hund, der die Markierung kennt, ohnehin eher einen Bogen an den kurzen Seiten laufen wird als ein »Dreieck«, auch wenn nur eine Markierung vorhanden ist.

Rechteckige Bahn

Eine weitere zusätzliche Trainingsmöglichkeit, wenn ein Hund mit dem Oval bereits vertraut ist, ist der Aufbau eines Rechtecks. Auch hier ist es am einfachsten, anfangs mit Innen-und Außenbegrenzungen zu arbeiten, also quasi einen Weg zu markieren, um dem Hund zunächst einige Male zu vermitteln, was die neue Aufgabe (das Rechteck) ist. Eine andere Möglichkeit ist es, den Hund anfangs recht langsam um die Rechteckbahn zu longieren, um vermeiden zu können, dass er die Ecken »abkürzt/abrundet« oder über die Begrenzung läuft oder springt. Auch hier baut man natürlich nach und nach die Begrenzungen wieder ab und kann auch Oval und Rechteck später nur mit Pylonen o.ä. markieren.
Doch wozu soll jetzt das Rechteck gut sein und worin liegt der Unterschied zum Oval?
Anders als beim Kreis und auch beim Oval hat der Hund bei einem Rechteck weniger die Möglichkeit, die Wendungen so groß zu gestalten, wie sie ihm ohne große Anstrengungen »bequem« sind.

Natürlich wird der Hund auch auf einer rechteckigen Bahn nicht wirklich »eckig« laufen, sondern die Ecken weiterhin abrunden. Nur sind die Ecken bei einem Rechteck enger und die Biegung (Rücken/Rippenbogen und dadurch das Untersetzen der Hinterbeine unter den Körper) wird deutlicher gefordert.

Bei sehr weit fortgeschrittenen Teams kann man auch mehrere Longierelemente (Kreis, Oval, Rechteck bzw. später auch einmal ein Quadrat) ineinander aufbauen. Im Innersten, beim Hundeführer, wäre ein kleines Oval, eine Bahn weiter außen das Rechteck, ganz außen ein groß angelegter Kreis. Hier kann der Hundeführer seinen Hund dann auf die jeweilige »Bahn« schicken, verschiedene Aufgabenstellungen abfragen und hin und her wechseln lassen.

Natürlich kann man weiterhin zusätzlich überall auch verschiedene Hindernisse oder Signale mit einbauen und ebenso die Aufbauten neben- statt ineinander aufbauen, damit das Training für den Hund abwechslungsreich bleibt. Auch ein großflächiges Dreieck ist als Longier-Figur geeignet, sobald der Hund gelernt hat, die Geraden als solche wahrzunehmen. Hier kann man in den Ecken zusätzlich weitere Markierungs-Objekte platzieren, um die der Hund dann in wechselnden Richtungen möglichst eng herumlaufen soll. Somit kombiniert man auch am Dreieck Geraden und Kreisbewegungen.

Schritt, Trab und Galopp

Idealerweise sollten außerdem beim ­Longieren möglichst alle drei Gangarten, also Schritt, Trab und Galopp flüssig und ruhig auf Signal gezeigt werden können, was häufig gerade für den Schritt mitunter Geduld und ausreichend Ruhe seitens des Hundeführers bedarf, weshalb leider viele Hundeführer ganz darauf verzichten. Dies, obwohl auch und gerade das gleichmäßige Gehen im Schritt für viele Hunde eine größere Anstrengung und Leistung bedeutet als Trab oder Galopp.

Letzten Endes sollte natürlich auch beim Longieren mit Fokus auf eine gesunde Beweglichkeit des Hundes der Spaß bei allen Bemühungen nicht zu kurz kommen!

Das könnte Sie auch interessieren: