Acht Pfoten, vier Beine, ein Zelt: Mit Hunden durch Norwegen

Von Emily und Freydis Schmidt

Ein echtes Abenteuer war die Norwegen-Reise von Emily (23) und Freydis Schmidt (25). Gemeinsam mit ihren Hunden Pebbles (2) und Laki (8) waren die beiden Schwestern drei Wochen im Kleinwagen und mit Zelt unterwegs. Denn wie ließe sich ein Land besser erkunden als mit den eigenen Vierbeinern?

Die häufigste Reaktion, als wir erzählten, dass wir gemeinsam mit unseren zwei Hunden für drei Wochen in Emilys kleinem Mitsubishi Space Star nach Norwegen wollen, war ungläubiges Lachen. Dicht gefolgt vom Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Wie um Himmelswillen wollt ihr das denn schaffen? Mit Zelt und der hohen Kunst des Packens, gaben wir darauf zurück. Trotzdem blieb die Skepsis. Unsere Großeltern hatten Angst, dass wir im kalten Norden beim Campen erfrieren. Unser Vater gab uns präventiv Tipps zum Intervallbremsen. Und Hunde im Zelt konnten sich die meisten schon mal gar nicht vorstellen. Und außerdem, wie sollte denn alles in dieses kleine Auto passen?

Die Anfahrt

Platzsparend packen war also angesagt. Laki, der achtjährige Golden Retriever von Freydis, fuhr im Kofferraum des Kombis mit. Pebbles, die zweijährige Mischlingshündin von Emily, die den Kofferraum überhaupt nicht leiden kann, nahm auf dem Rücksitz Platz. Natürlich mussten beide Hunde durch Hundegitter, Pebbles zusätzlich durch Netz und Gurt gesichert werden. Emily fuhr einen Großteil der Strecke, Freydis war auf dem Beifahrersitz für die Verpflegung zuständig. So blieben noch etwa eineinhalb Sitze der Rückbank, die dortigen Fußräume und unsere Dachtasche, um die Verpflegung, das Wasser, das Zelt sowie notwendiges Equipment, Hundefutter, Wechselklamotten und Pebbles Kuschelkörbchen zu verstauen. So vollgepackt betrug unsere Höchstgeschwindigkeit auf der deutschen Autobahn mit Rückenwind und den Berg hinunter flotte 110 km/h – dabei blieb es dann aber auch. Entsprechend langwierig wurde die Fahrerei, denn wir hatten uns für die Anreise via Fähre von Hirtshals in Dänemark nach Kristiansand in Norwegen entschieden.

Fährabenteuer

Auf dieser Verbindung gibt es für Hundehalter drei Möglichkeiten. Entweder die Hunde bleiben im Auto, es wird ein ­sogenanntes Hundehotel angemietet, in welchem das Tier die Fahrt verbringt, oder die Hunde begleiten ihre Menschen mit hinaus aufs Außendeck – dann aber auch bei jedem Wetter! Weil wir nicht wussten, wie das Wetter werden sollte, hatten wir uns für Möglichkeit Nummer eins entschieden. Das Hundehotel (ein kleiner Zwinger) kam für uns nicht infrage. Das wollten wir Pebbles mit ihrer Tierschutzvergangenheit nicht antun. Des Weiteren ist die kleine schwarzhaarige Hexe fremden Menschen nicht auf Anhieb wohlgesonnen. Und sie mag keinen Wind. Laki ist in diesem Zusammenhang Pebbles genaues Gegenteil; mit Menschen freundet er sich sofort an. Nachdem er einen Großteil seines Lebens jedoch in einem Rentnerhaushalt mit Teppichboden verbracht hat, ist er nicht besonders flexibel – besonders nicht in der Frage der Bodenbeschaffenheit. Was dazu führt, dass er sich vor rutschigen Böden fürchtet. Ein dreistündiger Aufenthalt an Deck wäre also wahrscheinlich für alle Beteiligten zur Tortur geworden. Allerdings haben wir draußen viele Hunde getroffen, die vollkommen entspannt die Sonne genossen. Wenn das Wetter gut und der eigene Hund selbstbewusst genug ist, in sich ruht und mit ungewohnten Situationen umzugehen weiß, mag der gemeinsame Aufenthalt an der frischen Luft sogar guttun. Unsere Wuffs blieben entspannter im bekannten Auto, das im während der Fahrt erstaunlich leisem Autodeck auf uns wartete.

Auf der Rückfahrt hatten wir die gleiche Verbindung und da ist etwas wirklich Schönes passiert: Als wir bereits oben in der Sonne saßen, die Fähre hatte sogar schon abgelegt, kam ein Herr vom Colorline-Personal und hat sich an die Hundehalter gewendet. Als die neben uns sitzende Dame mit der hübschen Goldiehündin von ihm angesprochen wurde, konnten wir mithören. Und er fragte herum, ob jemand eine silberne Schlabberschüssel auf dem Parkplatz vor der Fähre vergessen habe. Da sei eine liegen geblieben. Das fanden wir toll, dass da jemand extra alle Hundefamilien abklappert wegen einer vergessenen Schüssel.

Während unseres Urlaubs haben wir nochmals zwei Fähren genommen und nachdem die Hunde die Fahrt nach Kristiansand so gut überstanden hatten, blieben sie jedes Mal im Auto. Besonders auf der Fahrt durch den Lysefjord mit der Kolumbus-Autofähre war das die richtige Entscheidung. Der Wind wäre viel zu stark gewesen und hätte unsere Pebbles noch von Bord geweht. Diese Fähre muss in der Hochsaison früh gebucht werden, denn es passen nur etwa sieben Autos an Deck. Die Auffahrt auf das Transportmittel war spannend: rückwärts, aber dank guter Einweisung erfolgreich auf den Millimeter gezirkelt. Abgesehen davon ist die Fahrt aber absolut empfehlenswert!

Die südliche Westküste

Kann man den Teil oberhalb des Südkaps schon als Westküste bezeichnen? Bei einem Land wie Norwegen, welches inklusive Inseln knapp 29.000 km Küste aufweisen kann? Jedenfalls führte uns die erste Woche unserer Reise in diesen Teil des Landes, mit den malerischen Holzhausstädtchen Mandal und Flekkefjord, dem beeindruckenden Nordsjøvegen und dem Lieblingsplatz der Hunde in den Dünen von Jæren. Besonders die Sandstrände, die sofort Urlaubsgefühle wecken, fanden bei beiden Hunden großen Anklang. Während Pebbles sich einen Weg in die Freiheit buddeln wollte, tollte sogar der sonst so vorsichtige Laki übermütig durch den weichen Sand. Jenen Sand, den wir übrigens noch Tage später in unserem Zelt gefunden haben.

Besonders beeindruckt hat uns auch das Südkap. Und nicht nur uns, worauf die vielen Wohnmobile auf dem Parkplatz hindeuteten. Einen Abstecher an das vom berühmten Nordkap 2.500 km entfernte Kap Lindesnes sollte man unserer Meinung nach aber auch nicht auslassen. Doch während die Touristenscharen zum dortigen Leuchtturm Lindesnes Fyr strömten, nahmen wir die Hunde und schlugen uns seitlich in die Büsche. Beziehungsweise in die Bodendecker, denn aufgrund des starken Windes war die Vegetation dort eher karg. Pebbles fand gerade das ganz toll und hat sich ausgiebig gewälzt. Vielleicht hat das aber auch gegen den Wind geholfen und sie wäre sonst weggeflogen. Oder die Sträucher haben sie an die Blaubeeren erinnert, die sie im Urlaub lieben gelernt hat. Nach einer kleinen Kostprobe aus Frauchens Hand hat sie sich die blauen Früchte jedenfalls selbst vom Strauch geholt.

Vom vielen Fahren

Ausgehend von Stavanger sind wir den Ryfylkevegen bis nach Odda und von dort den Sørfjord entlang gefahren, welcher durch einen Seitenarm des Hardangerfjord gebildet wird. Was nach langer Autofahrt klingt, war auch eine lange Autofahrt. Das Problem ist, dass wir die Straßen in Norwegen kontinuierlich unterschätzt haben. Tatsächlich gilt auf den meisten Straßen ein Tempolimit von 80 km/h. Und nur, weil ein solches Tempo erlaubt ist, heißt das noch nicht, dass es auch sinnvoll wäre, dieses beizubehalten. Die Steigungen wollen wir gar nicht erwähnen, da waren wir froh, wenn wir mit unserem Space Star im dritten Gang fahren konnten. Aber abgesehen davon sind die Straßen sehr kurvig und teils sehr eng, was gemeinsam mit den entgegenkommenden Wohnmobilen und Campern schnell knifflig werden kann. Entsprechend haben wir für jede Strecke deutlich mehr Zeit benötigt, als Google Maps uns vorschlug. Und obwohl wir uns auf den unteren Teil Südnorwegens (der Hardangerfjord war sozusagen unsere Grenze) konzentriert haben und unsere Wunschroute spontan verkleinerten, sind wir letztendlich doch über 4.400 km gefahren. Rückblickend finden wir das grenzwertig für unsere Hunde. Aber wir trösten uns damit, dass es ihnen vermutlich trotzdem lieber war, als zu Hause bleiben zu müssen. Und wir haben sie ja mit tollen Wanderungen entschädigt.

Eisige Nächte

Mit einem hatten unsere Großeltern recht: Nachts war es teilweise eisig kalt. Bis -1°C, um genau zu sein. Und das im Hochsommermonat August! Aber wir waren natürlich vorbereitet. Vor der Abfahrt in Deutschland haben wir den beiden Hunden eigene Mäntelchen genäht. Für Pebbles chic in Lila aus dem Stoff einer alten Skihose, Laki bekam ein rotes in Strickoptik. Außerdem hatten beide eine zusätzliche Decke aus einem alten Schlafsack, Laki sein kariertes Kissen und Pebbles ihr Kuschelkörbchen. Hat sie nicht weiter beschäftigt, sie lagen trotzdem auf unseren Isomatten.

Besonders kalt war es in der Hardangervidda, der größten Hochebene Europas. Eigentlich wollten wir dort eine Mehrtagestour wagen, aber leider war Regen und Gewitter angesagt. Und dann in einer Hochebene wandern, in der man im schlimmsten Fall den höchsten Punkt darstellt und abends mit zwei klatschnassen Hunden ins Zelt muss, bei Minustemperaturen in der Nacht? Nein, danke. Also verbrachten wir nur eine Nacht in der Hardangervidda. Die jedoch aufregend genug war, da wir Schafbesuch bekamen. Unserem Hirtenhund-Mischling Pebbles wären fast die Augen aus dem Kopf gesprungen, als sie hörte, dass die wolligen Tiere da vor unserem Zelt auf und ab liefen. Es fehlte nicht viel, und sie hätte sich gegen den (zum Glück) geschlossenen Zelteingang geworfen. Emily musste dann aufstehen und die Schafe verscheuchen. Sonst hätten wir in der Nacht vermutlich kein Auge zu gemacht. Und dabei mussten wir am nächsten Tag doch fit sein, um nach dem Seeungeheuer von Seljord Ausschau zu halten.

Höhepunkt …

Wandern macht in Norwegen einfach Spaß! Die Natur ist wunderschön und die Aussichten von den vielen Bergen und Hügeln meist atemberaubend. Grundsätzlich besteht in Norwegen zwar von April bis August Leinenpflicht (mancherorts auch ganzjährig), das steht dem gemeinsamen Wanderspaß aber nicht im Wege. Besonders der Berg Gaustatoppen hat uns gelockt. Dieser soll der schönste in Norwegen sein, was wohl der grandiosen Aussicht zuzuschreiben ist – von seinem Gipfel soll an klaren Tagen bis zu einem Sechstel des skandinavischen Landes zu sehen sein. Entsprechend beliebt ist die Tour bei Touristen (uns eingeschlossen), daher beschlossen wir, um fünf Uhr morgens aufzustehen und vor allen anderen loszulaufen. Die Wanderung ist mit etwa 4,5 km vom Parkplatz zum Gipfel nicht allzu schwierig und mehr als gut markiert; alle zwei Meter befindet sich das typische rote T. Während wir mit jedem Schritt begeisterter waren von der Aussicht, ließ unsere Begeisterung für den Weg kontinuierlich nach. Dieser besteht größtenteils aus Geröll und Steinen, sodass die Hunde viel Springen mussten. Wir sahen während der Wanderung auch viele kleine Hunde, für die würden wir den Weg wirklich nicht empfehlen. Ebenso wenig für die Schwangeren und Menschen mit Krücken, die uns beim Abstieg entgegenkamen. Zumal als Alternative die Seilbahn Gaustabanen zum Gipfel fährt. Allen, die physisch und psychisch in der Lage sind, legen wir die Wanderung aber ans Herz. Im schlimmsten Fall muss oben halt ein Erholungsnickerchen eingelegt werden. Laki empfiehlt dafür Freydis Schuhe …

… und Tiefpunkt in Rjukan

Bevor wir den Gaustatoppen als eines der Highlights des Urlaubs in Angriff nehmen konnten, musste erst noch ein Schlamassel geschehen. Wir hatten uns einen Schlafplatz bei Rjukan, der Stadt zu Füßen des Gaustatoppen, gesucht und waren früh schlafen gegangen. In der Nacht wachte Freydis auf und wäre sie nicht noch so verschlafen gewesen, hätte sie vielleicht gelacht. Oder überrascht aufgeschrien. An Pebbles Kuschelkörbchen, direkt vor ihren Augen, stand Laki – mit erhobenem Bein. Dazu waberte der Geruch nach Hundepipi durchs Zelt. Schlaftrunken reagierte Freydis wie auf Autopilot, hob den Arm und schob das Hundebein wieder an seinen Platz. Und ja, es stimmt. Laki hat ins Zelt gepinkelt. Wir können uns immer noch nicht erklären, wieso. Normalerweise meldet er sich. Vielleicht haben wir zu fest geschlafen und ihn nicht gehört? Zum Glück hat er das Kuschelkörbchen nicht erwischt, aber seine Decke, sein Schlafsack und die große beschichtete Picknickdecke waren nass geworden. Es dauerte etwa eine dreiviertel Stunde, bis Hund und Zelt trocken gelegt waren. Es gibt schönere Wege, aufzuwachen. Immerhin hatten wir biologisch abbaubare Outdoor-Seife dabei, so konnten wir in einem der vielen Flüsse die Decken auswaschen.

Die Straße der Schafe

Wie oben bereits erwähnt, wollten wir die Fähre über den Lysefjord nehmen. Nachdem das Fahrzeug an unserem Wunschtermin eine Woche vorher bereits ausgebucht war, setzten wir die Fahrt ans Ende unserer Reise. Auf dem Weg vom Gaustatoppen nach Lysbotn fuhren wir über das Dorf Valle, welches bekannt für seine Klettersteige ist, in die Frafjordheiane. Der Grund, warum wir für das letzte Stück aber fast doppelt so lang brauchten als veranschlagt, lag diesmal nicht an Steigungen, Serpentinen oder Wohnmobilen. Sondern an den vielen, vielen Schafen, die uns entgegenkamen, auf dem Asphalt lagen und die Weiterfahrt blockierten oder uns vom Straßenrand aus interessiert musterten. Und weil wir bei jedem Schaf anhalten und es persönlich begrüßen mussten – ein paar ganz mutige Exemplare kamen sogar bis an unser Autofenster heran, um an unseren ausgestreckten Händen zu schnuppern. Währenddessen wurde Pebbles, der Hirtenhund, auf der Rückbank fast wahnsinnig. Sie wäre zu gerne ausgestiegen und hätte sich die Schafe mal aus der Nähe angeschaut … Als wir allerdings beim Gassigehen wirklich mal zu einer Dreiergruppe hingegangen sind, wurde unsere sonst so mutige Hündin ganz kleinlaut und vorsichtig. Sie scheint Schafe also nur zu mögen, wenn diese auch Angst vor ihr haben.

Unser Fazit

Und was sagen wir jetzt zu drei Wochen Norwegen im winzigen Kleinwagen mit zwei Hunden und Zelt? Wir würden es absolut wieder so machen! Norwegen ist ein unwahrscheinlich abwechslungsreiches Land, manchmal hatten wir richtiggehend Kulturschocks. Aber eine Landschaft ist atemberaubender als die andere und hinter jeder Kurve wartet Neues zum Entdecken. Rückblickend wären wir gerne weniger gefahren. Das hätte auch den Hunden sicher besser gefallen, zumal man überall wunderschön wandern kann. Unsere Vierbeiner haben uns beide durchgehend positiv überrascht und waren ganz angetan vom Zelten. Trolle und Seeungeheuer haben wir zwar leider keine gesehen, dafür kennen sie jetzt Blaubeeren, wilde Schafe und Fähren. Und wir können sagen: Drei Wochen Norwegen im winzigen Kleinwagen mit zwei Hunden und Zelt? Es gibt keine bessere Idee!

Nützliche Tipps

Viele Informationen über die Einreise nach und das Reisen in Norwegen finden sich auf der Internetseite der Königlich Norwegischen Botschaft in Berlin (Vorschriften bei Einreise des Hundes unter www.norway.no/de/germany/dienstleistungen-info/mit-tieren-nach-norwegen und der offiziellen Tourismusseite des Landes Visit Norway www.visitnorway.de.

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