Darm-Gesundheit: Ist eine Darmsanierung sinnvoll?

Von Annika Grunert

»Der Darm ist der Vater aller Trübsal«, soll bereits der griechische Arzt Hippokrates von Kos gesagt haben. Auf jeden Fall hat das Verdauungsorgan einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit, und das gilt sowohl für uns Menschen als auch für unsere Tiere. Oft können Allergien auch eine Ursache im Darm haben. Deshalb ist es wichtig, sich um den Hundedarm zu kümmern.

Wie bei uns Menschen übernimmt der Hundedarm eine wichtige Funktion. Schließlich spaltet er Nährstoffe in kleinste Bestandteile, um sie dann über die Darmwand in die Blutbahn zu leiten. So wird jede Zelle des Hundekörpers mit allen wichtigen Stoffen versorgt, die er zum Leben benötigt. Lange Zeit wurde der Darm aber nur stiefmütterlich betrachtet, mittlerweile gehört er immer mehr zum Interesse der Forschung. So wurde bereits festgestellt, dass etwa 80 Prozent des körpereigenen Immunsystems im Darm liegt. Die Zellen müssen hier zwischen nützlichen und schädlichen Stoffen unterscheiden, um nur die vom Körper benötigten durch die Darmwand zu lassen. Also herrscht hier ein besonders reger Betrieb des Abwehrsystems. Und daran sind zahlreiche kleine Helfer beteiligt.

Im Hundedarm befinden sich Millionen von Mikroorganismen, die aus Bakterien, Pilzen, Viren und weiteren Einzellern bestehen. Die Gesamtheit bildet die Darmflora, die sogenannte Mikrobiota. Da auch an anderer Stelle des Körpers Mikroorganismen leben, beispielsweise auf der Haut, werden die des Verdauungsorganes häufig als intestinale Mikrobiota bezeichnet. Bei Hunden ist die Darmwelt individuell und einzigartig. Das bedeutet, dass jeder Hund eine andere Zusammensetzung von Darmbewohnern vorweist, da diese von verschiedenen Faktoren abhängig ist, wie zum Beispiel des Umfelds, der Nahrungsmittel, Erkrankungen, der Geburt und Gesundheit des Muttertiers.

Kleine Lebewesen mit grossem Nutzen oder Schaden
Die Mikrobiota setzt sich aus guten und krankmachenden (pathogenen) Bakterien zusammen, wobei in einem gesunden Darm die guten überwiegen. Zusätzlich gibt es noch neutrale Darmbakterien, die dem Hundekörper nur schaden, wenn dessen Abwehrkräfte geschwächt sind oder wenn diese Bewohner überwiegen. Sowohl im Dünn- als auch im Dickdarm leben unterschiedliche gute Darmbakterien, die verschiedene Funktionen übernehmen. ­
So regen manche die Schleimbildung an, produzieren verschiedene Vitamine, Buttersäure und kurzkettige Fettsäuren, andere regen die Darmbewegung an, resorbieren und produzieren verschiedene Nährstoffe, liefern Energie, regulieren die Zellteilung sowie das Zellwachstum und schütten anti-entzündliche Metabolien aus. Also die kleinen Lebewesen leisten einen großen Beitrag für die Gesundheit des Hundes. Doch genauso können sie Schaden anrichten – sie lassen sich nämlich leider schnell durcheinanderbringen.

Wenn die pathogenen Keime im Hundedarm überwiegen, herrscht ein Ungleichgewicht, auch Dysbiose oder Dysbakterie genannt. Das wirkt sich auf die Verdauung aus und äußert sich in verschiedenen Beschwerden, die aber nicht alle auftreten müssen. Blähungen, Bauchschmerzen, Verstopfungen, Schwankungen in Bezug auf den Appetit, anhaltender Mundgeruch und Durchfall sind typische Anzeichen dafür, dass im Magen-Darm-Trakt etwas nicht stimmt. Eine Dysbiose muss aber nicht immer gleich auffallen. Je länger sie anhält, umso stärker wird der Darm und insbesondere die Darmschleimhaut in Mitleidenschaft gezogen, was wiederum weitere Folgen mit sich zieht. Die Schutzbarriere der Darmwand funktioniert nicht mehr vernünftig, sodass immer mehr schädliche Stoffe in den Hundekörper gelangen. Das sogenannte Leaky-Gut-Syndrom begünstigt wiederum viele andere Beschwerden, unter anderem Allergien und Erkrankungen der Leber sowie Niere.

So gerät der Darm ins Ungleichgewicht
Die Gründe für ein Ungleichgewicht sind vielfältig. Medikamente wie beispielsweise Antibiotika, Schmerzmittel und Kortison dienen in erster Linie der Hundegesundheit. Sie haben aber leider oft den Nebeneffekt, dass sie die Darmflora durcheinanderbringen, indem sie unter anderem teils gute Keime angreifen und die Darmschleimhaut beschädigen können. Das heißt natürlich nicht, dass Medikamente gemieden werden sollen – im Gegenteil. Schließlich lassen sich manche Erkrankungen in der Regel nicht anders behandeln als mit Antibiotika und Co. Doch es sollte die Devise gelten: Nur so viel wie nötig.

Fütterungsfehler gehören ebenfalls zu den Ursachen einer Dysbakterie. Es gibt sowohl Nährstoffe, die gute Bakterien bevorzugen, als auch welche, die pathogene lieben. Letztere freuen sich beispielsweise darüber, wenn die Ernährung sehr proteinreich ist. Wenn zu wenig Ballaststoffe im Hundenapf landen oder ein unpassendes Verhältnis von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten herrscht, kann ebenso ein Ungleichgewicht im Darm entstehen. Synthetische Nahrungsmittel und chemische Einflüsse durch beispielsweise Pestizide kommen ebenfalls für eine gestörte Mikrobiota in Betracht. Weitere Faktoren können eine genetische Disposition, zunehmendes Alter und/oder Stress sein.

Genauso beeinflussen Infektionen sowie andere Erkrankungen den Hundedarm. Nicht nur Probleme im Magen-Darm-Trakt spielen hierbei eine Rolle. Wissenschaftler stellen immer mehr Zusammenhänge zwischen dem Darm und verschiedenen gesundheitlichen Problemen her. Zu den möglichen Krankheiten, die in Verbindung mit dem Verdauungsorgan stehen können, gehören unter anderem:
• Allergien
• Adipositas
• Autoimmunerkrankungen
• Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
• Die chronische Darmentzündung IBD (Inflammatory Boal Disease)
• Diabetes
• Lebererkrankungen
• Übersäuerung
• Tumorerkrankungen
• Arthrose
• Dermatitis
Forschungen stellten außerdem einen Zusammenhang zwischen einem ungesunden Darm und psychischen Problemen her. Gerät die Mikrobiota durcheinander, kann sich das nämlich beispielsweise negativ auf die Serotoninproduktion auswirken. Der Botenstoff wird im Volksmund meist als Glückshormon bezeichnet, da er unter anderem die Emotionen beeinflusst. Bei Hunden können also auch Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen, Unsicherheit und Stress auf ein Ungleichgewicht im Darm hindeuten.

Wie zuvor aufgezeigt, sprechen verschiedene Anzeichen für eine Dysbakterie. Allerdings können sie genauso gut Symptome anderer Erkrankungen sein. Deshalb ist generell ein Gang zum Tierarzt ratsam, um die Ursache zu finden. Die Bakterienstämme der Darmflora sind zwar noch zu wenig erforscht beziehungsweise zu unbekannt, sodass eine Dysbiose nicht immer labortechnisch feststellbar ist. Eine Kotuntersuchung kann aber Aufschluss über die Anzahl bestimmter Darmbewohner geben, wie zum Beispiel Escherichia coli und Clostridien. Beide Bakterien gehören zum festen Inventar der Mikrobiota, jedoch nur in einer gewissen Anzahl. Wohnen hingegen zu viele im Hundedarm, deutet das auf eine Dysbiose hin. Zeit zum Handeln.

Den Hundedarm reinigen und sanieren
Für uns Menschen wird immer häufiger empfohlen, regelmäßig den Darm zu sanieren. In der Veterinärmedizin findet das Thema hingegen seltener Beachtung, aber es lässt sich bereits ein Umdenken ­erkennen. Immer mehr Tierärzte, Tierheilpraktiker und Tierernährungsexperten widmen sich dem Darm und/oder beziehen das Verdauungsorgan in ihre Behandlung beziehungsweise Ernährungspläne mit ein. So raten auch immer mehr dazu, den Hundedarm zu sanieren.

Die Ursachen und Faktoren, die sich negativ auf die Mikrobiota auswirken, beantworten bereits die Frage: Wann eine Darmsanierung sinnvoll ist. Vor allem Hunde, die an einer Erkrankung des Magen-Darm-Trakts leiden, können davon profitieren. Genauso kann die sogenannte Symbioselenkung nach einer Operation, der Verabreichung von Wurmkuren, Antibiotika oder nach einer anderen medikamentösen Behandlung hilfreich sein. In solchen Fällen erfolgt die Sanierung entweder im Anschluss oder währenddessen, allerdings ist dann auf eine zeitlich versetzte Gabe zu achten. Eine erhöhte körperliche Belastung oder Stress können ebenfalls für den Darmputz sprechen.

In den meisten Fällen ist es empfehlenswert, den Hundekörper erst einmal zu reinigen, um optimale Bedingungen zu schaffen. Bei einer Entgiftung werden schädliche Stoffe gebunden und ausgeleitet. Häufig kommen dafür Heilerde oder Zeolith zum Einsatz. Die Mineralpulver binden nicht nur Giftstoffe, sondern auch Magensäure und können diese neutralisieren. Flohsamenschalen sind aufgrund ihrer bekömmlichen Schleimstoffe und hohen Quellwirkung beliebt, denn dadurch kann unter anderem die Darmentleerung erleichtert werden. Genauso eignen sich Algen für eine Entgiftung. Allen voran die Süßwasseralge Chlorella und die Blaualge Spirulina. Während Chlorella das Hauptaugenmerk auf der Ausleitung von Schwermetallen und Giftstoffen hat, steht bei Spirulina noch mehr die Stärkung des Immunsystems im Vordergrund. Beide Wirkungsweisen können bei einer Entgiftung hilfreich sein, aber die beiden Algen sollten nicht gleichzeitig gegeben werden, sondern versetzt. Also erst eine Kur mit der einen und anschließend eine Kur mit der anderen. Natürlich haben auch verschiedene Kräuter eine entgiftende ­Wirkung, wie zum Beispiel Brennnessel, Mariendistel, Artischocke.

Wichtig zu wissen ist, dass eine Entgiftung für den Vierbeiner sehr anstrengend sein kann, was sich teilweise durch einen erhöhten Schlafbedarf und Erschöpfung äußert. Es bedarf einer vermehrten Wasserzufuhr, damit die Schadstoffe tatsächlich aus dem Hundekörper verschwinden und sich nicht beispielsweise im Muskelgewebe festsetzen. Außerdem kann die Wirkung von Medikamenten negativ beeinträchtigt werden. Für kranke Tiere ist eine Entgiftung aber häufig eh nicht zu empfehlen. So oder so sollte man vor einer Entgiftung und Darmsanierung mit einem Tierarzt Rücksprache halten.

Vorhang auf für Prä- und Probiotika
Egal ob mit oder ohne vorherige Entgiftung, eine Darmsanierung kann die Gesundheit des Hundes unterstützen. Dadurch wird unter anderem die Darmschleimhaut aufgebaut und das Gleichgewicht der Mikrobiota wiederhergestellt. Ein Bestandteil einer Symbioselenkung sind Probiotika. Dabei handelt es sich um die Mikroorganismen, die den Hundedarm bewohnen. Es sind also die guten Bakterien, die die krankmachenden unterdrücken. Ohne sie wäre eine optimale Verdauung nicht möglich. Durch die Gabe von Probiotika erhöht sich folglich die Anzahl der guten Bakterien. Lebensmittel wie Kefir, Naturjoghurt und Rohmilchkäse enthalten die Mikroorganismen. Genauso gibt es Produkte, denen Probiotika zugesetzt sind. Für Hunde sind Enterococcus faecium und Lactobazillus acidophilus zugelassen.

Ein gesunder Darm benötigt außerdem Präbiotika. Dabei handelt es sich um ­bestimmte Ballaststoffe, die erst einmal nicht verdaulich sind. Erst wenn sie in den Darm gelangen, zeigt sich ihr voller Nutzen: Die guten Bakterien können Präbiotika nämlich verstoffwechseln. Sie dienen den guten Darmbewohnern also als Nahrung und sorgen somit dafür, dass die Mikroorganismen ihre Aufgaben erfüllen können. Sie erhalten durch die Ballaststoffe Energie und ihr Wachstum wird angeregt, was wiederum dazu führt, dass sich krankmachende Bakterienstämme schlechter ausbreiten können. Darmfreundliche Ballaststoffe sind beispielsweise in Quinoa, Pastinaken und Bananen enthalten. Zu den bekanntesten isolierten Präbiotika zählt der wasserlösliche Mehrfach- und Vielfachzucker Inulin, der häufig bei einer Darmsanierung beim Hund zum Einsatz kommt. Pektin und Fructo-Oligosaccharide (kurz FOS) können ebenfalls den Darm unseres Vierbeiners unterstützen.

Als Hundehalter hat man die Wahl, ob man Prä- und Probiotika als Einzel- oder Kombipräparate (Symbiotikum) verwendet. Für eine Kur eignen sich beide Varianten. Wie lange diese andauern sollte, lässt sich nicht pauschal beantworten: Denn sie hängt von verschiedenen Faktoren ab und orientiert sich an dem jeweiligen Hund. Bei einem gesunden Vierbeiner reichen beispielsweise zwei Wochen häufig aus. Der gleiche Zeitrahmen kann auch nach einer kurzfristigen Behandlung mit Medikamenten oder einer Wurmkur gelten. Für ein Tier, das länger krank war, kann eine vierwöchige Kur sinnvoller sein. Bei chronischen Magen-Darm-Erkrankungen beträgt hingegen eine Darmsanierung teils mehrere Monate. Mithilfe der Packungsbeilagen und eines Tierarztes und/oder Tierheilpraktikers lässt sich eine optimale Anwendungsdauer bestimmen.

Eine Darmsanierung allein reicht nicht aus
Eine kurmäßige Unterstützung ist zwar sinnvoll, allerdings reicht das nicht aus. Der Darm ist nämlich ein Gewohnheitstier und er stellt sich schnell ein beziehungsweise um. Wird nach einer Darmsanierung nichts weiter getan, kehrt die Mikrobiota wieder in ihre vorherige Ausgangslage zurück. Folglich gilt es, dem Verdauungsorgan generell etwas Gutes zu tun und es konstant zu unterstützen. In allererster Linie erfolgt das über die Ernährung, indem im Hundenapf nur gut verdauliches Futter landet. Des Weiteren gilt, je hochwertiger die Bestandteile und umso weniger sie chemisch belastet sind, umso besser. Eine gute Nährstoffversorgung ist ebenfalls wichtig für einen gesunden Darm und somit gesunden Hund. Leidet der Vierbeiner an einer Erkrankung des Magen-Darm-Traktes, kann ein darauf abgestimmtes Spezialfutter hilfreich sein. Es gibt verschiedene Sorten, deren Zusammensetzung den Darm positiv beeinflussen.

Nicht nur kranke Tiere profitieren von einer Ernährung, die den Darm unterstützt, sondern auch gesunde. Schließlich trägt ein gesundes Verdauungsorgan zu einem gesunden Hundekörper bei. Der Darm freut sich über zahlreiche Lebensmittel. Prinzipiell spielt es dabei erst einmal keine Rolle, welche Art von Futter der Hund erhält. Während bei Nassfutter Einigung darüber herrscht, dass man die Nahrungsmittel einfach dazu geben kann, lassen sich in Bezug auf Trockenfutter unterschiedliche Meinungen finden. Manche sagen, unter das Trockenfutter könne man bedenkenlos frische Lebensmittel mischen. Andere verweisen darauf, dass die Verdauung von Trockenfutter und frischen Nahrungsmitteln unterschiedlich verläuft, deshalb sei es besser sie nicht zusammen zu verabreichen. Alleinfuttermittel sind in der Regel auf eine ausgewogene Ernährung ausgerichtet, deshalb sollte generell zuvor die Zusammensetzung begutachtet werden und gegebenenfalls mit einem Tierarzt, Tierheilpraktiker und Tierernährungsberater gesprochen werden, um ein Überangebot zu vermeiden. Manchen Hundefuttermitteln sind auch bereits Präbiotika wie Inulin oder FOS zugesetzt.

Wer das Futter seines Hundes selbst zubereitet, hat es deutlich einfacher, darmfreundliche Lebensmittel im Napf unterzubringen. Aber auch dabei lautet die Devise: Viel hilft nicht viel – im Gegenteil. Extreme sind im Normalfall nicht gut und sollten daher verhindert werden. Unter anderem über Nahrungsmittel wie Sauerkraut, Haferflocken, Pastinaken, Karotten, Pansen, Bierhefe freut sich der Hundedarm. Auch über Kräuter wie Kamille, Fenchel, Pfefferminze und Brennnessel.

Das A und O eines gesunden Hundedarms ist also die Ernährung, aber der Hundehalter kann noch mehr tun. Ausreichende Bewegung ist auch hier eines der Zauberwörter, denn sie regt die Darmtätigkeit an. Für eine vernünftige Verdauung benötigt das Organ hingegen Ruhe. Also nach dem Essen ist erst einmal Pause angesagt. Insgesamt sollte der Hund ausreichend Zeit zum Ruhen und Erholen bekommen. Stress wirkt sich nämlich nicht nur negativ auf das Gemüt aus, sondern auch auf die Gesundheit und eben den Darm. Werden alle Punkte berücksichtigt, dann kann sich eine Darmsanierung nachhaltig positiv auf den Hundekörper auswirken.

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