Ein Hund sieht aus einem Fenster.

Tierheime sind keine Vollstrecker

Von Frank Richter

­Auch ein Tierheim steht nicht über dem Gesetz oder kann – wie Behörden – Entscheidungen selbst zwangsvollstrecken.

Meint ein Tier­heim, ein ver­mit­tel­tes Tier sei bei sei­nem Be­sit­zer nicht gut auf­ge­ho­ben, darf es die­ses nicht ein­fach ei­gen­mäch­tig zu­rück­ho­len – selbst wenn der Be­sit­zer wo­mög­lich gegen Ver­ein­ba­run­gen im Über­las­sungs­ver­trag (möglicherweise einem Schutzvertrag, von Juristen meist als Kaufvertrag eingeordnet) ver­sto­ßen hat. Mög­li­che An­sprü­che muss das Tier­heim ge­richt­lich durch­set­zen, so das AG Hanau (Beschluss vom 04.01.2024 – 98 C 98/23).

Das Tier­heim hatte einer Frau einen Kater über­las­sen. Im Über­las­sungs­ver­trag war fest­ge­hal­ten, dass die Frau ihre Bal­kon­tür mit einem Flie­gen­git­ter si­chern muss, au­ßer­dem soll­te das Tier ab­neh­men. Nach knapp einem Jahr er­kun­dig­te sich das Tier­heim te­le­fo­nisch bei der Frau nach dem Tier. Diese gab an, kein Flie­gen­git­ter an­ge­bracht zu haben, da der Kater sehr ängst­lich sei und oh­ne­hin nie auf den Bal­kon gehe. Ob er ab­ge­nom­men habe, wisse sie nicht. Kurz darauf er­schie­nen zwei Per­so­nen un­an­ge­mel­det bei der Frau und teil­ten mit, sie kämen „vom Tier­heim“ und man „nehme den Kater jetzt mit“. Der Kater war of­fen­sichtlich damit nicht im Ansatz ein­ver­stan­den und flüch­te­te. Eine der bei­den Per­so­nen folg­te ihm und so entstand eine Verfolgungsjagd durch die Woh­nung, bei der auch Möbel ver­rückt wur­den. Schlie­ß­lich wurde der Kater doch ge­fan­gen und gegen den Wi­der­spruch der Frau mit­ge­nom­men.

Die Frau klag­te und bekam ihr Haus­tier noch wäh­rend des Gerichtsver­fah­rens zu­rück. Die Kos­ten des Ver­fah­rens er­leg­te das Ge­richt wenig überraschend dem Tier­heim auf. Ob die Re­ge­lun­gen in dem „Tier­über­las­sungs­ver­trag“ wirk­sam waren und even­tu­ell nicht ein­ge­hal­ten wur­den, könne da­hin­ste­hen. Denn die ei­gen­mäch­ti­ge Weg­nah­me des Tie­res stel­le ver­bo­te­ne Ei­gen­macht dar. Mög­li­che An­sprü­che müsse das Tier­heim ge­richt­lich durch­set­zen. Es könne sie nicht ein­fach selbst voll­stre­cken.

Interessant, dass derartige Selbstverständlichkeiten tatsächlich Gerichte belasten müssen. Und natürlich ist hier nicht ausschlaggebend, dass eine Verfolgungsjagd stattfand. Auch wenn sich der Kater gerne einfangen gelassen hätte, der Wille des Besitzers ist hier entscheidend.

Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist, zumal außergerichtliche Anwaltskosten des Angegriffenen meist nicht vom Angreifer zu erstatten sind. Grundsätzlich sollte man seine Ansprüche nicht ohne rechtlichen Beistand verfolgen, gleiches gilt naturgemäß für die Verteidigung gegen vermeintliche Ansprüche. Hilfe bei der Anwaltssuche bietet der Deutsche Anwaltverein unter www.anwaltauskunft.de.

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