Ein Schnauzer – drei Rassen

Von dogodu-Redaktion

Liebenswerter Individualist

Aus dem rauhaarigen Pinscher entstanden, gibt es den Schnauzer in drei Größen – vom Zwerg- über den Standard- bis zum Riesenschnauzer. Allen gemeinsam ist das rauhaarige Fell. „Den aufgeweckten Fuhrmannshund verleugnet auch der heutige Schnauzer nicht“, sagte einst der Kynologe Hans Räber mit Blick auf die Geschichte der Rasse, und meinte damit Selbständigkeit und Pfiffigkeit. Nie ein Modehund gewesen, haben sich die europäischen Schnauzer ihre Ursprünglichkeit und Unkompliziertheit bewahrt wie nur wenige andere Hunderassen heute.

In der Schnauzer-Literatur wird die Rasse häufig mit dem etwa 4.000–5.000 Jahre alten „Torfhund“ der Neusteinzeit in Verbindung gebracht. So schrieb auch der bekannte südafrikanische Kynologe, Schnauzerexperte und WUFF-Autor Johan Gallant über den Schnauzer: „Entstanden aus dem Urpinscher der Steinzeit: Rauhaariger Gefährte des Menschen seit Jahrtausenden.“ (WUFF 4/1998).

Abstammung vom steinzeitlichen Torfhund?
Als 1854 der Grundwasserspiegel im Schweizer Juragebirge drastisch sank, machte man in den freiwerdenden Torfschichten bedeutende Funde. In der Nähe von Pfahlbauten fanden die Archäologen Skelette von Menschen, Hunden und anderen Haustieren. Die Wissenschaftler klassifizierten diese Hunde als Canis familiaris pallustris, besser bekannt als „Torfhund“ aus dem Zeitraum 3.000 bis 2.000 v.Chr. Dies lässt keinen Zweifel offen, dass die steinzeitlichen Menschen in der Region der heutigen Länder Schweiz, Deutschland und Österreich eine beträchtliche Anzahl von Hunden mit einer Durchschnittsgröße von etwa 50 cm hielten. Wie Gallant betont, seien Wissenschaftler, die an der Erforschung der hundlichen Schädel­­skelette arbeiteten, zu dem Ergebnis gekommen, dass im Zeitraum von 3.000 bis 2.000 v. Chr. in einem weiteren Evolutionsschritt eine eindeutige Differenzierung in drei Schädeltypen stattgefunden habe. Ein Typus würde genau dem Schädel des heutigen Schnauzers entsprechen. Daher kommen Gallant und andere Kynologen zu dem Schluss, dass der moderne Schnauzer ein echter Nachfahre eines Hundetypus sei, der sich während der Steinzeit in der Region der heute deutschsprachigen Länder entwickelt habe.

Dieser Ansicht widerspricht der Schweizer Kynologe und WUFF-Autor Dr. Hans Räber († 9. Juni 2008) vehement. Nach seiner Ansicht sind alle mittelgroßen Rassen im europäischen Raum (ausgenommen die extrem kurzköpfigen) anatomisch dem alten Torfhund ähnlich, sodass nicht eine Rasse allein sich darauf zurückführen lassen könne. Räber: „Wir können also die Theorie von der direkten Torfhundabstammung unserer Schnauzer fallenlassen und nüchtern feststellen, dass sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus dem großen Sammelsurium der kleinen bis mittelgroßen Bauernhunde im süddeutschen Raum herausgezüchtet worden sind.“ (Räber 2001)

Schnauzer als Rasse seit 1917
Wenngleich die Rasse erst 1917 ihren heutigen Namen erhielt, als nämlich der rauhaarige Pinscher offiziell in Schnauzer umbenannt wurde, so ist der Rassename zweifellos älter. Schon 1842 wird der Name „Schnauzer“ in der Literatur erwähnt (J. Gotthelf, Bilder und Sagen aus der Schweiz, 1842), und auch Richard Strebel zitiert in seinem legendären Werk „Die deutschen Hunde“ (1904) einen Herrn Kohn-Ravensberg, der den „Schnauzer“ als eine „alte beliebte Rasse des Schwabenlandes“ bezeichnet. Die fahrenden Boten und insbesondere die mit Fuhrwerken von Stadt zu Stadt ziehenden Händler hätten neben dem „Spitzer“ keinen besseren Hund gekannt als den „Schnauzer“. Dabei hätten sie vor allem den größeren kräftigeren Exemplaren mit starker, rauer Behaarung den Vorzug gegeben, weil sich dadurch der Hund auch im Winter besser zum „Wachdienst beim Wagen“ sowie als „Begleithund“ – womit damals eher eine Art persönlicher Schutzhund gemeint gewesen sein dürfte – geeignet habe.
Eine weitere wichtige Verwendung bestand darin, in den Ställen der Bauernhöfe Mäuse und Ratten zu jagen, weshalb die Hunde häufig auch als „Rattler“ bezeichnet wurden. So ist auch Alfred Brehm begeistert, wie die Pinscher „mit größter Liebhaberei Ratten und Mäuse fangen“, und preist ihren überaus großen Mut, meint aber andererseits: „Als Hausgenosse des Menschen können sie nicht immer empfohlen werden, weil sie wegen ihrer steten Unruhe ihrem Herrn oft mehr Verdruss als Freude machen.“ (Brehms Tierleben, 1869) Dass dies allerdings nicht für Hunde gilt, die im Haus des Menschen sozialisiert wurden und mit ihren Haltern lebten, wird heute von vielen Kynologen betont. Wie aus dem Pinscher dann der Schnauzer „entstand“, beschreibt der Schauzer-­Experte Johan Gallant weiter unten.

Der Schnauzer: Drei Rassen
Alle Größen und Varietäten des Schnauzers sind durch selektive Zucht aus dem rauhaarigen Pinscher hervorgegangen. Daher ist das Hauptmerkmal des Schnauzers das rauhaarige Fell, das aus einem geraden drahtigen Deckhaar besteht, welches ein kürzeres und wolliges Unterhaar bedeckt. Allerdings gibt es den Schnauzer in drei Größenvarietäten, die in der FCI auch unter verschiedenen Rassestandards aufgelistet sind: Schnauzer, Riesenschnauzer und Zwergschnauzer. Die Schulterhöhe beträgt für den Zwergschnauzer 30–35 cm, für den Standardschnauzer 45–50 cm und für den Riesenschnauzer 60–70 cm.

Über viele Jahre wurde für alle drei Größenvarietäten nur die gleichmäßig verteilte Pfeffer-Salz-Farbe anerkannt. Heute gibt es den Standard- und den Riesenschnauzer neben Pfeffer-Salz auch in rein Schwarz mit schwarzer Unterwolle und den Zwergschnauzer darüberhinaus auch noch in den Farben Schwarzsilber und rein Weiß mit weißer Unterwolle.

Charakter und Verwendung
Wenn wir den Ursprung des Pinschers und Schnauzers als Wach- und Hofhund bedenken, dann ergeben sich daraus naturgemäß auch seine heute noch vorhandenen Wesensanlagen wie Selbständigkeit und Wachsamkeit bei einer dennoch engen Verbundenheit mit seinen Menschen. Ersteres wird ihm oft als „Sturheit“ ausgelegt, wenngleich manche Hundefreunde dies eher als „Charakter“ bezeichnen. Ein Schnauzer ist gerne bereit ist zu lernen, wenn ihm dies sein Halter in einem ruhigen und souveränen Umgang vermittelt. Die dem Schnauzer nachgesagte Sturheit lässt sich bei richtiger Erziehung leicht widerlegen.

Die Haltung eines Schnauzers
Schnauzer-Freunde über die Haltung eines Schnauzers: Schnauzer sind draußen ideale Begleithunde und mit Elan bei allen Freizeit- und Hundesport­­aktivitäten dabei, während sie sich im Haus eher ruhig und unauffällig ­verhalten. Da würde dann der Wachhund zum Vorschein kommen, der ruhig auf sein Revier aufpasst und doch jeden Eindringling zuverlässig meldet. Dabei ist er kein Kläffer, sondern meldet oftmals auch nur mit einem verhaltenen Wuff. Ein Garten ist natürlich für den Schnauzer wie für viele andere aktive Hunderassen ein Idealfall, aber auch in einer Wohnung ist ein Schnauzer gut zu halten. In jedem Fall muss für genügend „Action“ gesorgt sein, denn Schnauzer sind aktive Hunde, die nicht nur körperlich, sondern auch geistig und bei jedem Wetter beschäftigt sein wollen.

Gesundheit und Pflege
Wegen ihres „bescheidenen“ Ursprungs und der relativ rauen Bedingungen, in denen der Pinscher und seine Vorfahren lebten, können alle seine Schnauzernachfahren als unkomplizierte und gesunde Tiere mit hoher Vitalität angesehen werden. Dennoch haben sich in den Jahren der selektiven Zucht einige Erbkrankheiten eingeschlichen. Wie alle mittelgroßen und großen Rassen sollten Schnauzer und Riesenschnauzer daher röntgenologisch auf Hüftdysplasie untersucht werden und bei den Zwergschnauzern sollte man auf Progressive Retinaatrophie und kongenitalen juvenilen Katarakt achten, wie Schnauzer-Experte Johan Gallant betont. Seriöse Züchter fühlen sich dieser Forderung verpflichtet und potenzielle Welpeninteressenten sollten darauf bestehen.

Das rauhaarige Haarkleid ist relativ pflegeleicht, so wird zumeist empfohlen, den Schnauzer zweimal im Jahr zu trimmen, wodurch man auch nicht das Problem des jährlichen Fellwechsels wie bei manchen anderen Hunderassen habe.

Der Schnauzer als Notfall-Hund
Leider landen Schnauzer auch in Tierheimen, was Riesenschnauzer Nothilfe-Vereine bezeugen. Vor allem sind es die Riesenschnauzer, die lange hinter Tierheimgittern sitzen. Groß und schwarz – diese Eigenschaften machen es Tierheimhunden besonders schwer, schnell in eine neue Familie vermittelt zu werden. Von Scheidungs- oder Todesfällen in der Familie mal abgesehen, landen vor allem drei Sorten von Schnauzern im Tierschutz: Die Unterforderten, deren Halter bei der Anschaffung nicht bedacht haben, dass der Gebrauchshund ein echtes Powerpaket ist und eine sinnvolle Beschäftigung benötigt. Die Unerzogenen, die keine Regeln kennen und alles bekommen, was sie sich wünschen (und dies irgendwann auch einfordern). Und diejenigen, die sich aufgrund von zu viel Härte in ihrer Erziehung irgendwann gegen den Halter wenden. Gerade Schnauzer aus der Leistungszucht werden auf Belastbarkeit, Härte und Trieb gezüchtet. Versucht man so einen Hund zu brechen, werden sich gerade die wesensstarken Hunde irgendwann wehren. Keine einfachen Vermittlungsfälle, mit denen Tierheime oft überfordert sind – denn für eine intensive Vorkontrolle der Interessenten fehlt häufig die Zeit.

Fazit
Der aus dem rauhaarigen Pinscher entstandene Schnauzer ist ein Hund mit Charakter – ursprünglich, wachsam und selbständig. Auch wenn der Rasse oft Sturheit nachgesagt wird, ist der Hund bei sachgemäßer Führung und liebevoller Konsequenz gut erziehbar und wird rasch zum engen Vertrauten seines Halters. Vom Zwerg- über den Standardschnauzer bis zum Gebrauchshund Riesenschnauzer – letzterer sollte nur Gebrauchshundkennern vorbehalten bleiben – findet der potenzielle Schnauzerhalter sicher den Hund, der am besten zu seinen Lebensbedingungen passt, wie sie vorhin beschrieben wurden. Aktivität sollte also ein Teil derselben sein.

Hintergrund – Vom Pinscher zum Schnauzer von Johan Gallant

Der Schnauzer ging aus dem rauhaarigen Pinscher hervor. Schnauzer-Experte und WUFF-Autor Johan Gallant über den Weg vom Pinscher zum Schnauzer.

Der deutsche Biologe Baumeister war 1832 der Erste, der etwas über Pinscher publizierte. Er nannte sie „Bentchur“. 1838 schrieb Götz über den „Pinscherhund“. In der schweizerischen Literatur finden wir den Namen „Pencer“ und es gibt weitere Beispiele unterschiedlicher Bezeichnungen für denselben Hundetypus. Obwohl diese Pinscher vorwiegend mit rau- oder glatthaarigem Haarkleid verbreitet waren, haben sie sich unter denselben Bedingungen entwickelt und ähnelten sich äußerlich in hohem Maße. Unabhängig von ihrer Größe oder der Struktur und Farbe ihres Haarkleides waren sie alle exzellente Haus- und Hofhunde. Ihre wichtigste Aufgabe war es, Begleiter des Menschen zu sein und den Hof von Schädlingen, wie z.B. Ratten, freizuhalten.

Kynologisches Selbstbewusstsein
Mit der Gründung des „Kennel Clubs“ legten 1873 die Briten den Grundstein des modernen Hundewesens. Von dieser Zeit an wurde es modern, Hunde nach bestimmten Rassestandards zu züchten und die Nachkommen in Zuchtbüchern einzuschreiben. Dieser Trend sprang rasch auf den Kontinent über und Hunde wurden aus Großbritannien importiert, um sie auf Hundeausstellungen zu zeigen. Es dauerte eine Weile, bis man erkannte, dass man so wie die Briten auch über eigene landestypische Hunderassen verfügte. Die Entwicklung des Pinschers und des Schnauzers ist ein klassisches Beispiel dieser damals neuen Erkenntnis.

Was ist ein Pinscher?
Am 17. Juli 1879 veröffentlichte die Hundezeitschrift „Der Hund“ einen Brief eines Herrn R. v. Schmiedeberg mit der Überschrift „Was ist ein Pinscher?“. Der Autor erwähnt, dass er auf einer Hundeausstellung in Hannover von einem britischen Reporter mit genau dieser Frage konfrontiert worden sei, als sie am Rande des Ausstellungsringes die als Pinscher bezeichneten Hunde mit unterschiedlichen Farben und Arten des Haarkleides betrachteten. Herr v. Schmiedeberg meinte daraufhin, dass es jetzt an der Zeit sei, etwas für diesen deutschen „Nationalhund“ zu tun.

Erster Pinscherstandard 1884
Mangels Reaktion – der Pinscher war damals vom „Verein zur Veredelung von Hunderassen“ in Deutschland noch nicht als Rasse anerkannt – nahm v. Schmiedeberg die Dinge selbst in die Hand und verfasste 1884 den allerersten Rassestandard für den rauhaarigen und den glatthaarigen Pinscher. Dieser Standard wurde schließlich anerkannt und als 1895 Joseph Berta den Pinscher Klub gründete, wurde dieser Rassestandard auch übernommen. Die Entstehung dieses Klubs war für den Erfolg und die Zukunft der Rasse mit ihren Varietäten von entscheidender Bedeutung. Schon 1902 wurde das erste Zuchtbuch veröffentlicht, in dem 353 Hunde registriert waren. Die verschiedenen Varietäten waren folgendermaßen repräsentiert: 248 rauhaarige Pinscher, 14 rauhaarige Zwergpinscher, 8 glatthaarige Pinscher und 83 glatthaarige Zwergpinscher.

Vom Pinscher zum Schnauzer
1906 strukturierte sich die nationale deutsche Zuchtorganisation neu unter dem Namen „Kartell für das Deutsche Hundewesen“ und Joseph Bertas Klub erhielt die alleinige Zuständigkeit für alle Pinschervarietäten. Das hatte folgende Bedeutung: Als 1907 ein Herr Dr. G. Zurhellen in München den Bayerischen Schnauzer Klub gründete, mit dem Ziel, nur den rauhaarigen Pinscher zu fördern, den er Schnauzer nannte, erhielt sein Klub nicht die Anerkennung des Kartells. Trotzdem setzte Zurhellen seine Bemühungen fort und verfasste einen eigenen Rassestandard für den Schnauzer, in welchem er lediglich eine Größe (40 bis 50 cm) festlegte.

Münchner Bierschnauzer aus Düsseldorf
Und es war wieder in München, als 1909 das erste Mal große Schnauzer gezeigt wurden, unter der Bezeichnung „großer Münchener Schnauzer“ oder „Bierschnauzer“. Seltsam genug, kam doch der Rüde Champion Roland Rolandsheim, der bekannteste dieser Prototypen des späteren Riesenschnauzers, nicht aus Bayern, sondern aus Düsseldorf. Er war ein kräftiger Hund mit dunkler wolfsgrauer Farbe und einer Schulterhöhe von 55 cm. Er war Vater des ersten Riesenschnauzerwurfes, der 1910 beim Pinscher-Klub in Köln registriert wurde.

Vorrang Gemeinsamkeit
Der erste Weltkrieg bedeutete natürlich auch für das Hundewesen einen Rückschlag. Dennoch, als 1921 Berta und Zurhellen ihre Anstrengungen und folgerichtig auch ihre beiden Klubs vereinten, besiegelten sie damit Zukunft und Schicksal aller Mitglieder der Pinscherfamilie. 1922 erhielt der Klub seinen heutigen Namen: „Pinscher-Schnauzer-Klub 1895 e.V.“. Die Rassestandards wurden ergänzt und im ersten gemeinsamen Zuchtbuch veröffentlicht. Die Varietäten wurden nicht länger durch die Bezeichnung glatt- oder rauhaar unterschieden. Die vorher „rauhaariger Pinscher“ genannte Varietät wurde offiziell zum „Schnauzer“ und die kleineren oder größeren Exemplare je nachdem zu Zwerg- oder Riesenschnauzern.

Gebrauchshund Riesenschnauzer
Der Trend zur Zucht eines größeren Schnauzers hatte schon vor dem ersten Weltkrieg (1914-1918) eingesetzt. Dafür wurden die größten Schnauzerexemplare mit dem „Oberländer“ gekreuzt, ein kräftiger drahthaariger Hund aus bayerischen Gebirgsgegenden. Aufgrund der durch den ersten Weltkrieg gestiegenen Nachfrage nach einem Arbeitshund, konzentrierten einige Züchter ihre Bemühungen auf die Zucht großer Schnauzer. Die Tatsache, dass der Riesenschnauzer bereits 1925 die offizielle Anerkennung als Gebrauchshund erhielt, beweist den Erfolg dieser Züchter.

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