Das Leben der Galgos: Der Kölner Galgo-Marsch setzt ein Zeichen

Von Julia Reinhardt

Im Januar trafen sich nun zum bereits siebten Mal 700 Zweibeiner mit ihren 2.000 Vierbeinern zum »Kölner Galgo-Marsch«, um vom Bürgerhaus Stollwerck aus durch die Kölner City bis zum Heumarkt zu marschieren. Der Marsch fand statt, um auf die teils katastrophalen Haltungsbedingungen der spanischen Windhunde (Galgos) und ihrer Leidensgenossen – Podencos, Setter, Bodegueros, Bretonen u.v.a. – , die in Spanien traditionell zur Jagd benutzt werden, aufmerksam zu machen.

Der Kölner Galgo-Marsch findet seit 2016 jeweils am letzten Januarwochenende statt, da dann die Jagdsaison in Spanien endet. Spanische Tierschützer riefen deshalb auch vor einigen Jahren den »Welt-Galgo-Tag« ins Leben, um jedes Jahr am 1. Februar verstärkt auf das Schicksal der oftmals zum reinen Jagd-Werkzeug degradierten Windhunde aufmerksam zu machen. Ab diesem Tag beginnt das gnadenlose Aussortieren der nicht mehr erwünschten Hunde – und die Art, sich ihrer zu entledigen, übertrifft alles, was man sich normalerweise vorstellen kann. Und – es legt an Härte noch zu, auch wenn das bis dahin geführte Leben der Hunde bereits oftmals kein schönes war. So werden Galgos häufig in dunklen Schuppen und kleinen Verschlägen gehalten und sehen nur zur Jagd oder zum Training einmal das Tageslicht.

Grausame »Entsorgung« der Hunde
Offiziell sind es etwa 50.000 Galgos (plus anderer Jagdhunde), die jährlich von ihren Jägern als überflüssig bzw. nicht mehr jagdtauglich erachtet werden. Diese Hunde werden dann oftmals wie ein kaputter Besen »entsorgt« – auf teils schlimme Art und Weise. Sie werden ausgesetzt, in Schluchten oder Brunnen geworfen, ihnen werden die Beine gebrochen, in entlegenen Gegenden irgendwo angebunden, wo sie verhungern, an Bahngleisen angebunden, damit sie vom Zug getötet werden. Sie werden in den Bergen ausgesetzt oder zum »Klavierspielen« an einem Baum aufgehängt. Bei dieser besonders perfiden Art, sich seines Hundes zu entledigen, wird dem Hund ein Strick um den Hals gelegt, dessen anderes Ende so an einen Baum gebunden wird, dass er gerade noch mit den Hinterpfoten den Boden erreicht und – um nicht stranguliert zu werden – dann ausbalanciert und auf seinen Hinterbeinen regelrecht tanzt, bis ihn die Kraft verlässt und er sich so selbst erdrosselt.

Spanische Tierschützer berichten inzwischen, dass es vermehrt zu Abgaben kommt, das heißt, dass die Jäger verstärkt ihre Hunde direkt zu den Tierheimen bzw. Refugios bringen, anstatt ihnen etwas anzutun. Nur platzen dann Auffangstationen wie die bei Sevilla gelegene FBM, die Fundacion Benjamin Mehnert, um nur eines der vielen auf Galgos ausgerichteten Tierheime zu nennen, aus allen Nähten und schlimmstenfalls muss die Tierheimleitung einen Aufnahmestopp verhängen. Aber diese Entwicklung darf man schon als eine Art Fortschritt für die Hunde sehen, derer man sich eben nicht durch die althergebrachten Arten entledigt, sondern sie direkt in die Hände des Tierschutzes gibt.

Was ist eigentlich ein Galgo?
Der spanische Galgo ist ein ausgesprochen faszinierender Hund. Er ist ein eleganter, schlanker Athlet, ein Hochleistungssportler, der meist hoch motiviert jagdlich orientiert ist. Der anhängliche, sanfte, grazile und sehr clevere Hund besticht durch seinen sportlichen Körperbau – seinen tiefgebauten Brustkorb, die extrem langen, dünnen Beine, eine lange, dünne Rute und den schmalen, windschnittigen Kopf und Körper.

»Einmal Galgo, immer Galgo – Galgos machen süchtig« – so lautet das gerne zitierte Credo der Windhundfreunde. Galgos riechen zudem auch irgendwie anders. Durch das fehlende Unterfell weist der Körper der Hunde nicht den »typischen« Hundegeruch auf. Auf der anderen Seite sind sie allerdings zumeist sehr wetterfühlig: Nässe und Kälte mögen sie so gar nicht und brauchen an Regentagen eine Regenjacke, um nicht auszukühlen und krank zu werden. An kalten Wintertagen bemäntelt man den Galgo – für manchen Außenstehenden vielleicht etwas seltsam anmutend – mit einer warmen Joppe, ohne die sich die kurzhaarigen Hunde erkälten und krank werden würden.

Der vermeintliche Ruhm der Galgueros
Der Galgo wird hauptsächlich für die Jagd von Hasen verwendet, hinter denen er in Zweierformation zu streng aufgestellten Regeln »hinterhergeschickt« wird. Auf der Suche nach einem Siegerhund züchten viele Galgueros, so nennt man die spanischen Jäger, die mit Galgos jagen, auf Teufel komm raus, immer in der Hoffnung, einen »Winner« zu haben, der ihnen Ruhm und Ehre einbringen soll und dessen Nachkommen sich gut und teuer verkaufen lassen. Im Lieblingsurlaubsland der Deutschen, im EU-Land Spanien, werden Tiere oftmals bei Feiern und Festen gequält. Sei es nun beim Stierkampf, dem »Toro de Fuego« (Feuerstier) oder auch dem Ziegenbock, der von einem Kirchturm (in ein Sprungtuch) geworfen wird, um seiner Gemeinde Glück zu bringen.

Spanisches Tierschutzgesetz geändert
Jüngst wurde das spanische Tierschutzgesetz geändert: Tiere gelten nicht mehr als Sachen – sie gelten fortan als Lebewesen mit eigener Sensibilität, für ihr Wohlergehen ist zu sorgen! So gilt unter Anderem fortan: Haustiere dürfen nicht mehr ausgesperrt werden, sie sollen in die Familie integriert werden. Sie gelten nun auch vor dem Gesetz als vollwertige Familienmitglieder. Lassen sich z.B. Eheleute mit einem Tier in der Familie scheiden, haben sie für eine vernünftige Lösung für das Tier zu sorgen, müssen sich an Unterhalts- und Pflegekosten beteiligen. Private Zuchten sind untersagt, nur registrierte Züchter dürfen züchten und verkaufen. Der Verkauf in Zoohandlungen wird – mit Ausnahme von Aquarienfischen – untersagt.

Wildtiere dürfen nicht mehr gehalten werden. Das Register gefährlicher Hunderassen wird gestrichen – kein Hund wird aufgrund seiner Rasse als gefährlich eingestuft. Katzenkolonien stehen unter besonderem Schutz. Für den Katastrophenfall muss es Pläne zur Evakuierung von Tieren geben. Zirkusse bekommen strenge Auflagen, Taubenschießen und sonstige Tierspektakel werden verboten – bis auf den Stierkampf, der (leider) weiterhin außen vor bleibt! Es wird ein nationales Tierschutzregister eingeführt, in dem Haustiere, Einrichtungen, in denen sie gehalten, und auch Tierschutzorganisationen erfasst werden. Für die spanischen Tierschützer ein Riesen-Erfolg! Am 5. Januar 2022 trat das neue Tierschutz-Gesetz in Kraft!

Aber: Wie leider nicht anders zu erwarten, hat das spanische Landwirtschaftsministerium zusammen mit der Jagdlobby vorgeschlagen, Galgos, Podencos und andere Jagdhunde aus dem Tierschutzgesetz auszunehmen. Und die Lobby der spanischen Jägerschaft ist extrem stark! Die spanischen Jagdhunde (und Kampfstiere) waren schon immer von Schutzgesetzen ausgeschlossen und dies soll nun so weitergehen! Ein No-Go, dem sich jeder tierliebende Mensch nur entgegenstellen kann.

Was den Kölner Galgo-Marsch anbelangt, stiegen die Teilnehmerzahlen seit dem ersten Marsch 2016 unaufhörlich an: Waren es damals 150 Teilnehmer auf zwei Beinen im ersten Jahr, haben sich nun 2022 – trotz erschwerter Bedingungen durch die Corona-Pandemie – 700 Menschen mit 2.000 Hunden auf den Weg nach Köln gemacht, um mitzulaufen für Galgo, Podenco und Co.

Alle Tierfreunde und Hundeliebhaber, denen das Schicksal der sanftmütigen Jagdhunde nicht egal ist und die den Hunden eine Stimme verleihen möchten, können sich bereits jetzt den Termin für den nächsten Kölner Galgo-Marsch vormerken – den dann bereits 8. Kölner Galgo-Marsch. Er findet am Samstag, den 28. Januar 2023, um 12 Uhr, beim Treffpunkt wie immer, am Bürgerhaus Stollwerck (beim Trude Herr Park) in Köln, statt! Infos unter www.koelner­­galgomarsch.jimdo.com

 

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