




Zu Besuch beim Wolfsexperten
Schon bei der ersten vorsichtigen Berührung spüre ich ihn, den Unterschied. Irgendwie kräftiger, aber auch drahtiger, fester – irgendwie fühlt es sich „purer“ als bei den meisten Hunden an. Und sogleich nach dieser ersten Berührung ist das Eis zwischen mir und Kiba gebrochen. Er springt mich an, will an meinem Mund und meiner Nase lecken. Ein typisches Unterwürfigkeitsignal bei Hunden – nur ist Kiba ein Wolf. Jos de Bruin – er leitet seit fast 20 Jahren eine Auffangstation für Wölfe verschiedener Arten in Sonsbeck – erklärt: „Die Signale sind ähnlich, nur sind sie bei Wölfen im Vergleich zu Hunden übertrieben“. Auch die sehr wolfähnlichen Hunderassen wie Saarloos und Amerikanische Wolfshunde nimmt er bei sich in Wolves Unlimited auf. „Mit Saarloos, dieser recht ursprünglichen Rasse, habe ich damals ja angefangen“, erinnert er sich. Meist kommen die Tiere aus Zoos und Zirkussen, deren Bestand zu groß geworden ist. „Nicht selten melden die sich selber bei mir, das ist dann ganz unproblematisch.“ Doch das ist nicht immer so, denn manche wollen ihre Wölfe nicht herausgeben, schließlich verdienen sie damit Geld. Das gilt vor allem für Jungtiere: „Die wollen die nicht immer jung abgeben, weil die Babys Geld einbringen.“ Und was macht er, wenn es Probleme gibt mit den Haltern? „Da arbeite ich dann auch mit Tierschützern und Veterinärämtern zusammen“, erklärt Jos.

Der Hund, unser „Umweltsensor“
Der tägliche Gassigang wird bei vielen Hundehaltern zum alltäglichen Trott. Maximilian Pisacane erzählt uns in seiner Kolumne, wie er mit seinem Doggen-Mix Rico den Gassigang zum Abenteuer macht. Der Hund als unser „Umweltsensor“? Eine interessante Betrachtungsweise ... Kaum aus der Tür raus, beginnt das Abenteuer: Gassigang! Ob nun bei entspannter Runde sich mal auf die Sinne des Hundes einlassen und so ganz Neues entdecken oder ob nun beim Guerilla-Gassi inklusive Streiterei mit Hundehaltern vom Typus Besserwisser. So oder so, immer wieder spannend und lustig für mich und meinen Doggen-Mix Rico. Sogleich geht sein Kopf runter, pendelt hin und her. Seine Nasenflügel vibrieren, jedes Geruchsmolekül wird auf Quantenebene analysiert und abgespeichert. So zeigt er mir die erste Frühlingsblume ebenso wie die Hinterlassenschaften seiner Fellkollegen. Schafe und Kaninchen nehme ich dank des Dog-Radars nun viel eher wahr – ähnlich dem Spinnensinn von Spider-Man. Zuweilen findet er auch einen Schatz – manchmal den Hundeschatz Schafshaufen, manchmal den Menschenschatz verlorene Münzen, viel öfter aber menschliche und hündische Schätze in Form von Begegnungen. Die machen jeden Gassigang zu einem wahrlich lohnenden Abenteuer – Pfoten- und Lachattacken quasi garantiert.
... und anderen Hunde-Belästigungen
Stellen Sie sich vor, Sie spazieren durch die Stadt und alle paar Minuten streicht Ihnen jemand Fremder durchs Haar. Ganz einfach, weil Sie ihm gefallen oder weil er auf Blonde steht. Das gefällt Ihnen? Nein? Eben – und vielen Hunden gefällt es auch nicht, wenn sie von Canigrapschern und Kynotatschern befummelt werden. Schön, das Schlendern von Baum zu Baum beim Gassigang … Mein kleiner Rico ist relaxt, ich bin es auch. So könnte es unseretwegen weitergehen. ABER DANN: Ein Schnalzen ... ich drehe mich um und spüre gleichzeitig wie meine Stimmung kippt. Eben war alles noch in Ordnung, plötzlich bin ich angespannt – nahezu gleichzeitig, überträgt sich meine Stimmung auf meinen kleinen Doggen-Wookiee (er spricht zuweilen wie der Wookiee Chewbacca aus Star Wars). Ich bleibe stehen und schenke dem Schnalzer einen langen finsteren und genervten Blick – das wirkt. Den Trick hab‘ ich mir schon als Kind von Hunden abgeschaut. Und by the way: Ich bin sehr stolz darauf, dass Rico ebenfalls nur mit einem Blick auf solche Leute reagiert (wenngleich nicht so finster wie meiner, seiner sagt mit gerunzelter Strin eher: „Was willst du denn, Menschlein ...?“) und nicht direkt darauf zu läuft.
Klar! Oder doch nicht ...?
Wir befinden uns im Jahr 2016 – mitten in Deutschland in einem der vielen Ausbildungsvereine. Wir stoßen auf veraltete Trainingsmethoden, auf Kettenwürger und Stachelhalsbänder, aber auf keine Erlaubnispflicht für Hundetrainer nach § 11 TierschG. Das Gesetz will es so. Doggenmix Rico vom Gassireport hinterfragt. Wie anders ist doch mein kleiner Rico. Mit viel Spaß ist er bei der Sache. Ganz ohne den Stress – ja, mit viel Freude. Wir laufen entspannt das Schema für Begleithunde – kann man ja immer wieder mal einbauen beim Gassigehen. Mein kleiner Doggen-Wookiee läuft gut bei Fuß (gut, nicht so „angeklebt“ wie ein Schäferhund, er hat als Molosser halt ein eigenes Distanzbedürfnis – so wie ich). Ich wechsle das Tempo, beinahe zeitgleich beschleunigt er auch. Dann werd‘ ich langsamer, nahezu zeitgleich auch Rico ... Wie anders war die Situation dagegen in diversen Sportvereinen. Meist ging der Stress schon auf dem Parkplatz los. Nicht zuletzt auch wegen der vielen bellenden Hunde – in Boxen. Daher hielt der Stress auch an, bis wir an der Reihe waren. Das Rausholen von Rico war für mich dann meist das viel größere Abenteuer als das Training auf dem Platz – auf die Hinterbeine stellen und mit ganzem Körper blockieren (das heißt bei dem kleinen Doggen-Wookiee von knapp über 40 Kilo so halb auf meinen Armen) inklusive. Auf dem Platz angekommen, wischte ich mir nicht selten die Schweißperlen ab – dabei hatte das eigentliche Training noch gar nicht angefangen.
Dieses Mal führte unsere Gassirunde uns in die Eifel. Denn dort hatten Rico und ich einen ganz besonderen Termin: mit einem der renommiertesten Kynologen – Günther Bloch. Nach einer kleinen Runde an der nahen Erft war es so weit und wir trafen ihn. Günther Bloch spricht ungeniert aus, was viele denken, aber nicht zu sagen wagen ...
Bevor sich Günther Bloch unseren Fragen stellte, musste Rico ihn natürlich beschnüffeln. Nur sehr selten stellte sich ihm jemand so hunde-höflich vor, so souverän und ruhig – schon daran erkennt man die immense Erfahrung von Günther Bloch. Rico war jedenfalls ganz begeistert von ihm – vor allem von seiner Jacke. Daran schnüffelte mein kleiner Doggen-Wookiee ganz besonders intensiv. Wahrscheinlich hatte die Jacke schon mehr Hunde und Wölfe gesehen als mein Rico (und auch ich) in seinem bisherigen Leben ... Das Interview Du forschst ja schon fast eine Ewigkeit über Wölfe. Nun kritisieren ja einige, dass nicht alles vom Wolf auf den Hund übertragbar sei. Wie stehst du zu dieser Kritik? Und wie viel kann man auf den Hund transferieren? Ich forsche seit 1992 an frei lebenden Wölfen. Zum Thema Vergleich: Denn wollten wir es richtig machen, müssten wir jede einzelne Hunderasse mit dem Wolf vergleichen, um zu präzisen Ergebnissen zu kommen. Ansonsten sprechen wir von Basiswerten. Und diese Nullwerte könnten wir dann für weitere wissenschaftliche Vergleiche heranziehen. Immerhin sind ja nicht alle Rassen gleich, so sind die so genannten „nordischen Hunde" meist näher am Wolfsverhalten dran als beispielsweise Möpse oder Französische Bulldoggen.
Der falsch verstandene Beschützer
Beim Thema Hunde scheinen die Meinungen und Diskussionen unerschöpflich zu sein. Die Einen sehen die Themen rund um den Hund mit einem gleichgültigen Achselzucken, die Anderen thematisieren sie in der Öffentlichkeit. Maximilian Pisacane gehört zur letzteren Gruppe. Mit seinem „Gassireport" bringt er regelmäßig hundlich interessante Themen aufs Tapet. In dieser Ausgabe geht es um das Thema Hund als Beschützer.
Gefahr im Verzug? Ricos Kopf pendelt hin und her. Seine Nasenflügel vibrieren im schnellen Rhythmus, öfter als sonst schnaubt er. Teils um seine Nase wieder frei für neue Geruchsmoleküle zu bekommen, teils aber auch aus Unwillen. Bei jedem Schritt kommen seine Schulterblätter hervor, wie bei einem lauernden Tiger. Ganz klar: Irgendwas ist anders an dieser morgendlichen Gassirunde. Irgendwas, das meinem Rico gegen den Strich geht – sein Nackenhaar sträubt sich, Alarmstufe Rot.